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Bundesländer müssen größere Summen für hilfsbedürftige Menschen bezahlen.

Wiesbaden - Die Sozialhilfeausgaben für Menschen, die wegen ihres Alters oder aufgrund einer Behinderung nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt erwerbstätig sein können, sind auf den höchsten Stand seit der Hartz-IV-Reform im Jahr 2005 gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden bekanntgab, mussten die Kommunen dafür im Jahr 2009 knapp 21 Milliarden Euro aufwenden - 5,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Pro Einwohner bedeutet dies eine jährliche Belastung von 255 Euro (Vorjahr: 241 Euro).

Die mit Abstand höchsten Sozialhilfekosten pro Kopf fallen nach wie vor in den Stadtstaaten Bremen (418 Euro), Hamburg (396) und Berlin (391) an. Am niedrigsten sind die Pro-Kopf-Ausgaben in Sachsen (134), Thüringen (176) und Brandenburg (181). Auf dem vierten Platz folgt Baden-Württemberg (188) . Größter Posten bei der Sozialhilfe ist mit rund 57 Prozent weiterhin die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Nach Angaben des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales (KVJS) in Baden-Württemberg sind dabei vor allem die stationäre Betreuung und Pflege von Behinderten sehr teuer. Man versuche, verstärkt auf ambulante Betreuung umzusteuern, aber das dauere und sei unterm Strich auch nicht sehr viel billiger, sagte Pressesprecher Stefan Wiegandt am Freitag unserer Zeitung. Wiegandt rechnet damit, dass die Kosten in dem Bereich auch in den kommenden Jahren weiter ansteigen werden, weil es immer mehr behinderte Menschen gebe. Diese Entwicklung habe zum einen in der Nazizeit ihre Ursachen, wo behinderte Menschen getötet wurden, so dass es nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland kaum noch behinderte Menschen gab.

Zum anderen, so Wiegandt, habe der medizinische Fortschritt dafür gesorgt, dass Behinderte heute eine ähnlich hohe Lebenserwartung haben wie andere Menschen. Dem Verband zufolge leben in Baden-Württemberg 730 000 schwerbehinderte Menschen. Ihre Pflege und Betreuung verursachte 2009 im Südwesten Kosten in Höhe von rund 1,2 Milliarden Euro. Im Unterschied zu anderen, gesunden Hilfeempfängern müssen sich die Betroffenen, selbst wenn sie eigenes Einkommen oder Vermögen haben, an den Kosten nur in Ausnahmefällen beteiligen - zum Beispiel, wenn sie ein Millionenvermögen erben. "Die Freigrenzen sind enorm groß", so Wiegandt. Dies sei vom Bundesgesetzgeber so gewollt, und in der Regel sei bei den Betroffenen auch nicht viel zu holen. Anders dürfte es beim Landesblindengeld aussehen, das ebenfalls unabhängig von der Höhe des Einkommens gewährt wird und für das allein in Baden-Württemberg Kosten von über 40 Millionen Euro anfallen. Hier gab es von kommunaler Seite auch schon Forderungen nach einer Streichung, doch das Land griff sie nicht auf.

Die Sozialhilfe macht ungefähr die Hälfte dessen aus, was man in Deutschland soziale Mindestsicherung nennt. Daneben gibt es noch Sozialgeld und das Arbeitslosengeld II, was landläufig als Hartz IV bezeichnet wird. Nach den letzten Zahlen aus Wiesbaden aus dem Jahr 2008 erhielten rund 7,6 Millionen Menschen eine dieser Hilfen - das ist jeder Elfte in Deutschland. Die Gesamtausgaben beliefen sich 2008 auf über 40 Milliarden Euro.