Foto: Kampfmittelbeseitigungsdienst

Bei der auf dem Böblinger Flugfeld gefundenen Bombe handelt es sich um einen amerikanischen Typ mit 123 Kilogramm Sprengstoff . Jürgen Göb und sein Kollege Daniel Kuhn vom Kampfmittelbeseitigungsdienst legten die Bombe frei und drehten die beiden intakten Zünder heraus.

Böblingen - Sie habe durch die Flugfeld-Unterführung in Böblingen wollen und sei aufgehalten worden. „Ich kam vom Stuttgarter Weihnachtsmarkt. Es hieß, man habe eine Bombe gefunden“, berichtet Christiane Ehrle. Es kam mir vor wie ein schlechter Scherz“, sagt die 46-Jährige. In ihre Wohnung im Käthe-Paulus-Weg auf dem Flugfeld durfte sie nicht. Stattdessen boten ihr Polizisten an der Absperrung an, den Abend in der Böblinger Kongresshalle zu verbringen.

In einer Umgebung von 250 Metern vom Fundort entfernt mussten am Montagabend tausend Menschen die Häuser verlassen. Vom Leonardo-da-Vinci-Platz wurden 250 mit von der Stadt organisierten Bussen in die Notunterkunft in die Böblinger Kongresshalle gebracht, wo sie stundenlang warteten und bangten. Christiane Ehrle kam sich vor „wie in einem falschen Film“. Andere Bewohner seien privat untergekommen, sagt der Sprecher des Ludwigsburger Polizeipräsidiums, Peter Widenhorn. Der Bahnhof wurde kurz vor 20 Uhr gesperrt. Bis 21.35 Uhr fuhren keine Züge. Insgesamt 26 S-Bahnen fielen aus und sieben Züge im Regionalverkehr. 70 Kräfte der Landes- und Bundespolizei waren im Einsatz sowie 25 Helfer der Feuerwehr und des Deutschen Roten Kreuzes.

Im Baustellenbüro an der Konrad-Zuse-Straße, wo ein Seniorenheim errichtet wird, war der Anruf wegen des Bombenfunds gegen 15 Uhr eingegangen. „Ein Mitarbeiter hat mich davon unterrichtet“, sagt Oberbauleiter Hans Horst Wolff. Er habe sofort seinen Auftraggeber angerufen, die Firma KIAG Grundbesitz. Dort habe er die Auskunft erhalten, dass eine Bescheinigung vorliege, wonach das Gelände kampfmittelfrei sei.

Bei der gefundenen Bombe handelt es sich um einen amerikanischen Sprengkörper vom Typ GP 500 Lbs . Die Mehrzweckbombe lag in einem Luftschacht im Innenbereich des künftigen Altenheims. „Ein halber Meter etwa hat gefehlt, und sie wäre nicht entdeckt worden“, berichtet Jürgen Göb, der die Bombe mit seinem Kollegen Daniel Kuhn vom Kampfmittelbeseitigungsdienst erst freilegen musste, bevor er die beiden Zünder herausdrehte. Sie hätten 123 Kilogramm Sprengstoff detonieren lassen können. Eine solche Explosion lässt Splitter mehr als einen Kilometer weit fliegen.

Nein, mit Angst sei er nicht darangegangen, sagt der 65-Jährige, der rund 60 solcher explosiven Exemplare entschärft hat. Um 21 Uhr hatten die beiden ihre Arbeit aufgenommen. Nach 25 Minuten sei die Sache erledigt gewesen, weiß Widenhorn. „Ich habe nicht auf die Uhr geschaut“, sagt Göb. „Das Schlimmste ist das Warten gewesen, bis wir anfangen konnten.“ Die Evakuierung, von der auch 6000 bis 7000 Kunden im Einkaufszentrum Mercaden betroffen waren, hatte etliche Stunden länger gedauert als geplant.

„Meine Tochter lag zu Hause in der Badewanne und war telefonisch nicht zu erreichen“, berichtet Ehrle. Auch am Tag danach sei sie noch sehr beunruhigt: „Sitzen wir auf dem Flugfeld etwa auf einem Pulverfass?“ Bei den 700 auf Luftbildern gefundenen Bombeneinschlägen aus dem Zweiten Weltkrieg sei davon auszugehen, „dass zehn bis 15 Prozent Blindgänger waren“, erklärt der Leiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes, Ralf Vendel. 50 Fliegerbomben waren vor der Bebauung des Flugfeldes geborgen worden. „Der Bund hatte eine private Räumungsfirma mit der Beseitigung der Sprengkörper beauftragt. Laut der vertraglichen Vereinbarung hatten wir nur zehn Prozent der bearbeiteten Fläche zu überprüfen“, sagt Vendel. „Möglicherweise hat die Sonde während der Bodenkontrolle nicht angeschlagen, weil das Erdreich zu verunreinigt war“, meint Göb. Thomas Gruseck, Bauleiter des Zweckverbands Flugfeld, macht sich nichts vor: „Ein Restrisiko, dass noch Bomben gefunden werden, gibt es weiterhin.“