Aktienhandel an der Frankfurter Börse Foto: dpa

Die Börsen von China sind gegenwärtig der Schrittmacher für die weltweiten Kapitalmärkte. Obwohl die Konjunktur in Europa und den USA gut läuft, brechen die Aktienkurse immer wieder ein.

Frankfurt - Anfang August notierte der Dax noch bei rund 11 600 Punkten. Seitdem geht es rasant bergab. Warum?

Auslöser der jüngsten Probleme ist die rasante Talfahrt der Börse in China. In Schanghai kennen die Aktienkurse seit Anfang August nur eine Richtung: nach unten. Am Montag sackte die Börse um rund 8,5 Prozent ab, der größte Einbruch seit acht Jahren. Nicht viel besser sieht es in Hongkong, Tokio und an anderen Börsen in Fernost aus.
Wo liegen die Gründe für den Einbruch?
In China scheint die Zeit zweistelliger Wachstumsraten vorbei zu sein. 2015 wird es allenfalls mit gut sechs Prozent nach oben gehen. Das hat massiven Einfluss auf die Weltwirtschaft, das Reich der Mitte ist mittlerweile die größte Volkswirtschaft der Erde. Die chinesische Notenbank hat die Befürchtungen untermauert, indem sie den Yuan abgewertet hat. Das soll Exporte aus China verbilligen.
Wie hat sich der Dax seit Jahresanfang entwickelt?
Ende 2014 stand der Index bei 9805 Zählern, schon im Januar wurde die 10 000-Punkte-Marke überwunden. Bis Mitte April verbuchte der Dax laufend neue Rekorde bis zum Höchststand von 12 390 Punkten. Seitdem hat er gut 20 Prozent eingebüßt. Einzelne Papiere haben seit April rund 30 Prozent und mehr verloren, wie etwa RWE, VW oder BMW. Aktuell steht der Dax sogar im Minus.
Warum reagiert die Börse in Frankfurt so stark?
China ist mittlerweile einer der wichtigsten Märkte für die deutsche Industrie. 13 Prozent ihrer Umsätze erzielen die 30 im Dax gelisteten deutsche Konzerne in China, rechnet das Handelsblatt vor. Für VW ist das Reich der Mitte der größte Absatzmarkt, für die deutschen Maschinenbauer mit einem Anteil von gut elf Prozent an den Exporten vor den USA mittlerweile der wichtigste Auslandsmarkt. Die Turbulenzen im Fernen Osten könnten also Folgen haben. Das sorgt die Börsianer.
Andererseits rutscht der Ölpreis weiter ab, und Rohstoffe werden billiger. Das entlastet die Unternehmen.
Im Prinzip ja. Aber derzeit wird der Verfall des Öl- und der Rohstoff-Preise als Indiz für eine schwache Nachfrage und eine lahmende Weltwirtschaft angesehen. Commerzbank-Chef-Volkswirt Jörg Krämer widerspricht. Nicht fehlende Nachfrage, sondern das Überangebot an Öl drücke den Preis. Saudi-Arabien hat die Förderung erhöht, demnächst kommt auch der Iran wieder an den Markt.
In den USA dürfte sich die schon lange diskutierte Erhöhung der Leitzinsen nach hinten verschieben. Auch das spricht für Aktien.
Tatsächlich dürfte die US-Notenbank Fed den Leitzins nicht im September, sondern frühestens im Dezember erhöhen, glauben Experten. Die Probleme in China bremsen auch die US-Wirtschaft. Eine vorzeitige Zinsanhebung würde diesen Effekt verstärken. Börsianer aber werten eine spätere Zinserhöhung als Indiz, dass es in den USA mit der Konjunktur langsamer vorangeht.
Welche Rolle spielt die Entwicklung in Griechenland?
Tatsächlich ist das Geschehen an den Finanzmärkten in den Hintergrund gerückt, seitdem das dritte Hilfspaket steht.
Gibt es andere Gründe für den Absturz der Börsenkurse?
Derzeit herrscht auch auf dem Parkett Urlaubszeit. Die Umsätze sind gering, das verstärkt Ausschläge. Zudem greifen in solchen Phasen meist automatisierte Vorgaben für Großanleger wie Fonds und Versicherungen. Werden bestimmte Kursniveaus nach unten durchbrochen, müssen sie verkaufen und verstärken damit die Talfahrt.
Wie geht es an der Börse weiter?
Etliche Experten halten den Kurseinbruch für übertrieben. Sie rechnen in der zweiten Jahreshälfte im Dax mit einer Erholung, sogar auf wieder mehr als 12 000 Punkte. Dafür sprächen die niedrigen Zinsen und die gute Lage deutscher Unternehmen. Gertrud Traud, Chef-Volkswirtin der Helaba, hält deutsche Aktien aber immer noch für zu teuer. Die Firmengewinne hätten nicht mit der Kursentwicklung mitgehalten. Ob es derzeit wieder Kaufkurse gibt, ist schwer zu sagen. Das muss jeder Anleger für sich entscheiden. Klar ist: Bei Tagesgeld, anderen Sparanlagen und auch bei Bundesanleihen bleiben die Zinsen wohl noch für längere Zeit sehr niedrig. Während viele Dax-Konzerne auch 2016 ansehnliche Dividenden ausschütten dürften.