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Experten sehen nach dem Dax-Allzeithoch noch Aufwärtspotenzial. Allerdings könnte der weitere Weg nach oben holprig werden. Was kommt auf Anleger zu?

Die Hoffnung auf baldige Zinssenkungen hat den Dax auf ein neues Allzeithoch getrieben – und nun? Experten sehen noch Luft nach oben, warnen jedoch vor kurzfristigen Widerständen. „Die Zinsfantasien sind in den letzten Wochen etwas ins Kraut gewachsen“, sagt LBBW-Stratege Uwe Streich unserer Zeitung. Die Erwartungen und der Optimismus der Anleger hinsichtlich einer raschen Lockerung der Geldpolitik im Euroraum seien zu hoch, sodass zunächst die Gefahr von Kursrücksetzern bestehe.

Angefacht worden war die Euphorie am Markt zuletzt von EZB-Direktorin Isabel Schnabel, die eigentlich als Verfechterin einer straffen Geldpolitik gilt. Bislang hatte die Top-Währungshüterin stets argumentiert, dass weitere Leitzinserhöhungen im Kampf gegen die Inflation nicht ausgeschlossen werden sollten. Nun jedoch konstatierte sie, dass die Europäische Zentralbank (EZB) beim Bemühen, die Teuerung im Euroraum zurückzudrängen, bereits bemerkenswerte Fortschritte gemacht habe, und erteilte noch höheren Zinsen quasi eine Absage. Die deutsche Ökonomin ist Mitglied im sechsköpfigen Führungszirkel der EZB, hat also großen Einfluss bei der Notenbank.

Ob diese Wette aufgeht, steht in den Sternen

Börsianer spekulieren angesichts der schwachen Konjunktur im Euroraum bereits in großem Stil darauf, dass die Leitzinsen schnell wieder sinken. Dadurch würden sich Kredite vergünstigen, was dem Wirtschaftswachstum tendenziell zugute käme. Finanzprofis gehen mittlerweile davon aus, dass sowohl EZB als auch die US-Notenbank Fed bereits im Frühjahr Zinsschritte nach unten machen. Ob diese Wette aufgeht, steht in den Sternen. Dennoch halten Marktkenner eine anhaltende Rekordjagd für möglich. „Wir sehen beim Dax durchaus noch etwas Potenzial für einen moderaten Anstieg, was dann zunächst zum Test der psychologisch wichtigen Marke von 17 000 Punkten führen dürfte“, sagt Analyst Tobias Basse von der NordLB gegenüber unserer Zeitung.

Auch Anlagestratege Sören Hettler von der DZ Bank sieht gute Chancen, dass die positive Stimmung am Aktienmarkt noch für einige Zeit anhält. „Allerdings haben die Rückschlagrisiken zuletzt spürbar zugenommen.“ Die Spekulationen auf Leitzinssenkungen seien übertrieben – bei der Fed sei frühestens im Sommer damit zu rechnen, bei der EZB erst einige Wochen später. Ein anhaltend hoher Inflationsdruck dürfe den Notenbanken keine andere Wahl lassen, als die straffe Geldpolitik vorerst beizubehalten. Aber: „Diese Einschätzung soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich das Umfeld für die Aktienmärkte im Verlauf des nächsten Jahres nachhaltig verbessern dürfte und neue Rekordstände zu erwarten sind“.

Analyst macht Hoffnung

LBBW-Analyst Streich macht Anlegern längerfristig ebenfalls Hoffnung. Obwohl das kommende Jahr aufgrund sinkender Gewinnprojektionen vieler deutscher Unternehmen und politischen Unsicherheitsfaktoren wie dem US-Wahlkampf holprig werden dürfte, sieht er den Dax Ende 2024 bei 18 000 Punkten. Zum Vergleich: Das jüngst erreichte Allzeithoch lag bei 16 727 Zählern.

NordLB-Experte Basse rät Investoren indes, sich fest anzuschnallen: „Im Laufe des Jahres 2024 drohen größere Turbulenzen.“ So sei in den USA mit einer spürbaren Abkühlung der Wirtschaft zu rechnen – es drohe sogar eine Rezession. Grundsätzlich sei aber festzuhalten, dass das Kursniveau in Deutschland noch als eher attraktiv bezeichnet werden könne – vor allem gegenüber dem in den Vereinigten Staaten.