Demonstranten auf dem Schillerplatz in Stuttgart ärgern sich über die Landesregierung. Foto: Lichtgut/Heinz Heiss

Obwohl die linke Szene gegen die Bildungsplangegner mobilgemacht hat, blieben bei Demos in Stuttgart Randale aus. Die Polizei konnte die Gruppen erfolgreich getrennt halten.

Stuttgart - Demonstrieren will man, aber soll die Öffentlichkeit dabei zuschauen dürfen? Ein Filmteam bereitet einem Ordner Kopfzerbrechen. „Kann ich denen verbieten, hier Aufnahmen zu machen?“, fragt er Alexander Tschugguel vom Organisationsteam der so genannten Demo für alle, die sich gegen den Plan der Landesregierung formiert, die Rechte von Homosexuellen auszuweiten.

Der klärt die Sache kurz, die Kollegen dürfen filmen, um dann zu erklären: „Wir sind nicht nur gegen den Bildungsplan, der Homosexualität an Schulen stärker thematisieren soll, sondern auch gegen den neuen Aktionsplan, der dem gleichen Geist entsprungen ist.“ Damit ist ein Papier der grün-roten Landesregierung gemeint, auf dem 200 Punkte diskutiert werden, die Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern, sowie trans-, intersexuellen und queeren Menschen (LSBTTIQ) mehr Rechte einräumen sollen.

Dieser Aktionsplan zog am Samstag nach Polizeiangaben 1000, laut Veranstalter 2400 Gegner des Vorhabens auf den Schillerplatz. Die Polizei spricht von 500 Gegendemonstranten, die zunächst auf dem Schlossplatz protestierten und im Anschluss versuchten, den Demozug zu behindern. Den Beamten gelang es weitgehend, die beiden Gruppen zu trennen.

Mädchen werfen mit Stinkbomben

„Das darf doch nicht wahr sein!“, sagt Bernd Sandner, bayerischer Landesvorsitzender der „Partei“ vom Satiremagazin „Titanic“, als ein Dutzend Polizisten eine Gruppe junger Mädchen abführt, die sich in die Reihen der Bildungsplangegner eingeschlichen haben und für freie Liebe werben. Es gelingt den Mädchen, noch eine Stinkbombe zu werfen, bevor die Polizei eingreift. Sandner findet das klasse. „Die sind doch ekelhaft“, sagt er über die Bildungsplangegner.

Auf dem Schillerplatz schwören sich diese derweil ein und werfen der grün-roten Landesregierung Gleichmacherei vor. „Jetzt wissen wir: Der Bildungsplan ist nur der Anfang! Mit dem neuen Aktionsplan wird das Vorhaben der Regierung weitergetrieben, menschliche Sexualität von ihrem natürlichen Sinn zu entkoppeln!“, ruft Josef Dichgans, Vorsitzender der Christdemokraten für das Leben, einer Unterorganisation der CDU.

Anstatt wie in der Vergangenheit über den Schlossplatz bewegt sich der Demozug der Bildungsplangegner über die Planie Richtung Oper. Die B 14 muss teilweise gesperrt werden. „Dadurch haben wir erfolgreich verhindert, dass die beiden Demonstrantengruppen aufeinanderprallen“, sagt Stefan Keilbach, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Stuttgart. Zustände wie bei der Demonstration gegen die Europäische Zentralbank in Frankfurt blieben also aus.

Wenn auch nicht unter den Demonstrantengruppen, so kommt es doch später zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten aus dem linken Spektrum und einer Polizeireiterstaffel vor der Oper. Ein Reiter schlägt mit dem Stock um sich, trifft aber niemanden. „Vollpfosten!“, schimpft ein Demonstrant. Woraufhin die Reiter auf den jungen Burschen zugaloppieren. Die Polizei nimmt ihn fest und zeigt ihn wegen Beleidigung eines Beamten an. Für die Gesetzeshüter ging die Aggression von den Demonstranten aus: „Der Mob ist auf die Reiter zugerannt“, sagt Herbert Rau vom Antikonfliktteam der Polizei. Als „unverhältnismäßig“ beurteilen unbeteiligte Augenzeugen das Verhalten der Reiter.