Der Bildungsplan erhitzt weiter die Gemüter: In Stuttgart gingen am Samstag wieder Hunderte auf die Straße. Angespannt war die Lage am Schlossplatz. Foto: dpa

Erneut kochen in Stuttgart die Emotionen hoch: Während am Marktplatz Demonstranten ein Zeichen gegen Homophobie setzen, protestieren die Gegner des Bildungsplans am Schlossplatz. Die Polizei muss linke Gegendemonstranten abdrängen.

Erneut kochen in Stuttgart die Emotionen hoch: Während am Marktplatz Demonstranten ein Zeichen gegen Homophobie setzen, protestieren die Gegner des Bildungsplans am Schlossplatz. Die Polizei muss linke Gegendemonstranten abdrängen.

Stuttgart - Das Thema mobilisiert und elektrisiert: Nur unter dem massiven Schutz von 400 Polizisten konnte am Samstag ein Demozug gegen den grün-roten Bildungsplan durch Stuttgart ziehen. Nach einer Kundgebung gegen die geplante Aufwertung des Themas Homosexualität in Baden-Württembergs Schulen zogen Hunderte Menschen Richtung Landtag.

30 bis 40 Gegendemonstranten aus dem linken Spektrum skandierten "Es gibt kein Recht auf Nazipropaganga" und "Deutsche Polizisten schützen die Faschisten" und versuchten den Zug von rund 800 Teilnehmern zu blockieren, wurden aber von Polizisten zur Seite gedrängt und festgesetzt. Laut Polizei wurden Beamte mit Schlägen und Tritten angegriffen.

Bei einem Tritt in die Genitalien wurde ein 23 Jahre alter Beamter verletzt, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Zwei Demonstranten wurden wegen Verdachts auf Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Polizeibeamte angezeigt. Die Polizei setzte Reiter ein und gab zeitweise sogar den Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray frei.

Es fliegen Farbbeutel und Tomaten

Mehrfach flogen Bananenschalen, Tomaten, Wasserbomben und Farbbeutel in Richtung der Gegner des Bildungsplans. Diese sangen Kirchenlieder und skandierten „Schützt unsere Kinder“ und „Kinder brauchen Liebe - und keinen Sex“. Auf den Transparenten standen Schlagworte wie „Finger weg von unseren Kindern“, „Keine Sex-Gehirnwäsche“ oder „Indoktrination“ sowie Warnungen vor „grünem Gesinnungsterrorismus“.

Bereits am 1. Februar hatte es ähnliche Szenen gegeben. Auch da kochten nach Kundgebungen für und gegen den Bildungsplan 2015 die Emotionen hoch. Hintergrund sind die Pläne der Landesregierung, dem Thema sexuelle Vielfalt im Schulunterricht mehr Raum zu geben.

Ziel sei aber auf keinen Fall eine Umerziehung, betonte Ministerpräsident Winfried Kretschmann bereits mehrfach. „Wir können aber nicht zusehen, wie jemand diskriminiert wird.“ Grün-Rot setze auf Aufklärung. 190.000 Menschen hatten eine Petition gegen einen „Bildungsplan unter der Ideologie des Regenbogens“ unterschrieben, die dem Landtag vorliegt. Zwei Gegenpetitionen erreichten ebenfalls hohe Zustimmungswerte.

Regenbogenfahnen auf dem Marktplatz

Ein ganz anderes Bild bot sich bei einer zweiten Demonstration am Samstag auf dem nahen Marktplatz. Zeitgleich demonstrierten dort laut Polizei rund 400 Menschen für den Bildungsplan. Viele hatten Regenbogenflaggen als Symbol der Homosexuellen dabei. Die Polizei musste hier nicht tätig werden, beobachtete das Ganze aus der Ferne. „Bildung fördert Respekt und Toleranz“ stand hier auf den Transparenten, oder „Familie ist - wo Kinder sind.“

Christoph Michl, Sprecher der Interessensgemeinschaft Christopher Street Day (CSD), rief dazu auf, das Thema zu versachlichen. „Uns geht es darum, Akzeptanz und Toleranz in die Gesellschaft zu bringen.“ Er habe volles Vertrauen in die Landesregierung und hoffe, dass diese nicht einknicke. Wichtig sei es, überall Aufklärungsarbeit zu leisten und Ängste zu nehmen.

Michl rief die Demonstranten auf dem Markt auf, nicht auf den Schlossplatz zu ziehen und die direkte Konfrontation mit den Demonstranten dort zu suchen. „Sowas bringt uns nicht weiter.“ Dafür gab es hinterher sogar Lob von der Polizei. Stattdessen schloss man sich hier zu einem Schweigemarsch zusammen „gegen das Vergessen im Gedenken an die Opfer heteronormativer Gewalt und geschlechtlicher Zwangszurichtungen“.

Anmerkung der Redaktion:
In der ersten Version dieses Textes, in dem wir die Angaben der Deutschen Presse-Agentur (dpa) verwenden, war von 4000 Teilnehmern bei der Pro-Bildungsplan-Demo die Rede. Da die dpa diese Angabe am 1. März um 21.02 Uhr auf 400 korrigiert hat, haben wir dies auch getan.

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