Wer bauen will, braucht meistens einen Kredit. Darlehensgebühren für solche Bausparverträge sind laut dem Bundesgerichtshof aber nicht vom Gesetz gedeckt. Foto: dpa

Der Bundesgerichtshof hat die Darlehensgebühr für Bausparverträge am Dienstag für unzulässig erklärt. Jetzt können Tausende Sparer ihr Geld zurückfordern. Es dürfte um mehrere Millionen Euro gehen – Geld, das aber womöglich nicht kampflos erstattet wird.

Urteil - Auf die Bausparkassen in Deutschland kommen möglicherweise Rückzahlungen in Millionenhöhe zu. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat am Dienstag entschieden, dass Darlehensgebühren für Bausparverträge nicht rechtmäßig sind. Die Gebühr sei eine „unzulässige Benachteiligung der Vertragspartner“, so der Kern des Urteils.

Verhandelt wurde eine Musterklage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen die Bausparkasse Schwäbisch Hall. Das Urteil betrifft allerdings die gesamte Branche. Die großen Unternehmen und der Branchenverband reagieren verschnupft auf das Urteil. „Vor dem Hintergrund, dass mehr als 150 Urteile vorliegen, die eine Bauspar-Darlehensgebühr bejahten, kommt die aktuelle Entscheidung überraschend“, teilt Immo Dehnert, Sprecher von Wüstenrot, mit. Beim Bundesverband der privaten Bausparkassen heißt es, man habe „vom Bundesgerichtshof ein anderes Urteil erwartet“.

Gebühr ohne Gegenleistung

In der Vergangenheit hatten Bausparkassen für ihre Darlehen nicht nur Zinsen verlangt, sondern auch eine Abschluss- und eine Darlehensgebühr. Deren Höhe betrug stets zwei Prozent der Bausparsumme – für ein Darlehen von 200 000 Euro also 4000 Euro. Dieses Geld wurde allerdings nicht einmalig erhoben, sondern zur Bausparsumme addiert, weshalb die Sparer für die Gebühr auch Zinsen zahlen mussten.

Die Abschlussgebühr war erst im vergangenen Jahr vom Bundesgerichtshof für rechtmäßig erklärt worden. Die Darlehensgebühr sei jedoch deshalb unzulässig, weil ihr keine konkrete Gegenleistung für den Bausparer entgegen stehe, so der BGH. Sie diene zuvorderst einer „Verbesserung der Ertragslage“ der Bausparkassen, so der Vorsitzende Richter des 11. Senats am Dienstag.

Zahlen die Bausparkassen nun freiwillig zurück?

Zur Frage, wie viele Bausparer von dem Urteil profitieren könnten, äußern sich die Unternehmen nicht. „Wir führen darüber keine Statistik“, heißt es beim Bundesverband. Ein Sprecher von Schwäbisch Hall betonte am Dienstag am Rande der Verhandlung, dass sein Unternehmen seit dem Jahr 2000 keine Darlehensgebühr mehr erhebe. Wüstenrot hat sie laut dem Sprecher Immo Dehnert bis 2013 erhoben.

Niels Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat daran Zweifel. Einige Unternehmen hätten die Gebühr auch später noch verlangt – nur eben unter dem Namen „Agio“. „Wir können nur alle Bausparer, die eine solche Gebühr bezahlt haben, ermuntern, das Geld zurückzuverlangen“, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Es sei allerdings möglich, dass die Sparer sich das Geld erneut gerichtlich erstreiten müssten. Etwa, weil die Bausparkassen eine Verjährung der Ansprüche geltend machen könnten oder argumentieren könnten, dass ein Agio keine Darlehensgebühr sei, so Nauhauser.

„Sie maßen sich ein Verbot an, das ihnen nicht zukommt“

Mit ungewöhnlich scharfen Worten hat der Anwalt der Bausparkasse Schwäbisch Hall die Argumentation des Bundesgerichtshofs kritisiert. Jeder Kunde habe die Möglichkeit, die Darlehensgebühr über den effektiven Jahreszins nachzuvollziehen, es unterliege der freien Entscheidung, ob er diesen Preis akzeptiere. „Sie maßen sich ein Verbot an, dass Ihnen in unserem Wirtschaftssystem nicht zukommt“, sagte er. Wenn die Darlehensgebühr für unzulässig erklärt werde, dann gehe das „zu Lasten des Kollektivs der Bausparer“. Die Folge sei letztlich, dass entweder eine höhere Abschlussgebühr (oder Agio) erhoben werden müsse – oder eben die Zinsen für Bauspardarlehen steigen müssten.

Noch ein Karlsruher Urteil

Verfahren:
Parallel zur Verhandlung beim Bundesgerichtshof hat sich heute auch das Oberlandesgericht in Karlsruhe mit dem Thema Bausparen befasst. Es ging um die Frage, ob Bausparkassen alte Sparverträge, in denen noch vergleichsweise hohe Zinssätze gewährt wurden, kündigen dürfen.

Urteil
: Das Urteil des OLG, das ebenfalls am Dienstag verkündet wurde, ist eindeutig: Bausparkassen haben kein Recht, zuteilungsreife Altverträge zu kündigen. Geklagt hatte ein Ehepaar, das 1991 einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von damals 23 000 DM (umgerechnet etwa 11 500 Euro) abgeschlossen hatte. Der Bausparvertrag war seit 2002 zuteilungsreif, das Darlehen wurde von den Klägern aber nicht abgerufen.

Lob:
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg begrüßt das Urteil. „Für die Bausparer ist das sehr erfreulich“, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte bei dem Verband.