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Regierung und Opposition liefern sich heftigen Schlagabtausch in der EnBW-Debatte.

Stuttgart - Der Wiedereinstieg des Landes als Großaktionär bei der Energie Baden-Württemberg (EnBW) spaltet die Landtagsparteien. Am Mittwoch wurde der vorläufige Tiefpunkt erreicht.

Die Sitzordnung im Landtag ist klar geregelt. Auf der einen Seite SPD und Grüne, auf der anderen CDU und FDP. Dazwischen sind Gänge, am Mittwoch waren es eher Gräben. Denn die Umstände, wie es zum Rückkauf des 45-Prozent-Aktienpakets an der Energie Baden-Württemberg durch das Land kam, sorgen für immer tiefere Verwerfungen. Also erneuert SPD-Landeschef Nils Schmid am Mittwoch seinen Vorwurf an Ministerpräsident Stefan Mappus, den Landtag angelogen zu haben, und fordert eine Entschuldigung. Mappus hatte am 15. Dezember erklärt, er habe vor dem Fünf-Milliarden-Geschäft mit der Electricité de France ein verfassungsrechtliches Gutachten der Kanzlei Gleis Lutz eingeholt. Inzwischen aber steht fest, dass dieses Gutachten erst vom 15. Dezember stammt und damit neun Tage nach dem Kaufvertrag mit dem bisherigen EnBW-Großaktionär.

Aber Mappus entschuldigt sich nicht. Schmid kocht. Es sei ein Unding, wie Mappus den Aktien-Deal geheim durchgezogen habe. "Diese Art von Freifahrtschein für Unternehmenskäufe am Parlament und an der Verfassung vorbei bekommen Sie von uns nicht." Auch Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann giftet. Es sei "schlichtweg unakzeptabel", dass Mappus vom Gutachten gesprochen habe, sich aber lange Zeit nur habe mündlich von den Anwälten beraten lassen, und nun die Vertragdetails nicht preisgeben wolle. "Wir werden mit diesem Stil der Hauruck-Politik Schluss machen", verspricht Kretschmann im Fall eines Grünen-Siegs bei der Landtagswahl.

Genau in diesem Thema sehen die Regierungsparteien den eigentlichen Grund für die Aufregung der Opposition. "Sie wollen von Ihrer eigenen Unfähigkeit und Konzeptlosigkeit ablenken", keilt CDU-Fraktionschef Peter Hauk an die Adresse von SPD und Grünen. Auch sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke verteidigt die Geheimaktion und fügt mit Blick auf Kretschmanns Haltung zu Stuttgart 21 und anderen Themen bissig hinzu: "Sie können nicht Ministerpräsident dieses Landes werden, weil Sie es selbst bei der Vereidigung noch fertig bringen würden, Nein zu sagen."

Die Reaktionen: höhnisches Gelächter hier, Kopfschütteln dort. Da hilft es auch wenig, dass Mappus sich nicht in die Debatte einmischt und stattdessen sein Staatsminister Helmut Rau (CDU) nochmals mit Sachargumenten den Kauf verteidigt. Aus aktienrechtlichen Gründen habe die Aktion geheim ablaufen müssen. Die Anwälte hätten geraten, zum Notbewilligungsrecht zu greifen - jenem Kniff in der Landesverfassung, der eine Entscheidung ohne Landtag erlaubt. "Ob schriftlich oder mündlich, ob fünf Seiten oder 30", entscheidend sei die Qualität des Gutachtens gewesen, so Rau.

Für SPD und Grüne ändert das nichts. Sie werden wegen der Nichtbeachtung des Landtags nächste Woche ihre Klage beim Staatsgerichtshof einreichen. Eine Entscheidung wird es wegen des komplexen Sachverhalts aber "frühestens in fünf bis sechs Monaten" geben, sagt Gerichtspräsident Eberhard Stilz - also nicht mehr vor der Landtagswahl. Die Anwaltskanzlei jedenfalls stützt in einer Erklärung am Mittwochabend die Darstellung der Regierung. In dem Gutachten vom 15. Dezember "haben wir lediglich schriftlich niedergelegt, was dem Staatsministerium vor dem 6. Dezember mündlich vorgetragen worden war". Diese Vorgehensweise sei bei "großen Transaktionen nicht unüblich, zumal wenn höchste Vertraulichkeit geboten ist".