Auch gegen Grünen-Chefin Ricarda Lang richteten sich die jüngsten Proteste. (Archivbild) Foto: IMAGO/Olaf Schuelke

Nach teils gewaltsamen Protesten gegen Veranstaltungen der Grünen hält die Debatte um Ursachen und Folgen an. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) forderte die Bauernverbände auf, stärker gegen radikale Kräfte bei Demonstrationen vorzugehen.

Nach teils gewaltsamen Protesten gegen Veranstaltungen der Grünen hält die Debatte um Ursachen und Folgen an. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) forderte die Bauernverbände auf, stärker gegen radikale Kräfte bei Demonstrationen vorzugehen. „Die Proteste werden leider auch von Menschen gekapert, die mit dem Thema gar nichts zu tun haben“, sagte er dem „Tagesspiegel“ laut Vorabmeldung vom Samstag. Dabei aber „müssen auch die Bauernorganisationen helfen“.

In Deutschland protestieren Bäuerinnen und Bauern bereits seit Monaten gegen von der Ampel-Koalition beschlossene Subventionskürzungen. Immer wieder richten sich Aktionen auch gegen Veranstaltungen oder Vertreterinnen und Vertreter der Grünen. Am Aschermittwoch verhinderten gewalttätige Protestierende eine Veranstaltung der Grünen im baden-württembergischen Biberach und griffen Polizisten an. Der Zwischenfall sorgte für erhebliche Empörung.

Ricarda Lang gerät ins Kreuzfeuer

An diesem Samstag wurde Grünen-Chefin Ricarda Lang bei einem Besuch in Magdeburg von protestierenden Landwirten empfangen. Nach Angaben der Polizei von Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt versammelten sich rund 200 Menschen mit 90 Traktoren und anderen Fahrzeugen im Stadtteil Buckau, wo Lang an einer Grünen-Veranstaltung teilnahm. Sie zündeten demnach auch mehrere Feuer an.

„Bei der Abreise von Frau Lang mussten vereinzelt Teilnehmer abgedrängt werden, damit die Abreise von Frau Lang gewährleistet werden konnte“, erklärte die Magdeburger Polizei zu dem Geschehen weiter. Die Sicherheit der Parteivorsitzenden sei aber zu „keinem Zeitpunkt gefährdet“ gewesen.

Kretschmann: Bei vielen Menschen gebe es eine Sehnsucht nach Ruhe

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zog eine Verbindung zwischen der Wut auf seine Partei und der Notwendigkeit einschneidender Veränderungen in der Gesellschaft. Bei vielen Menschen gebe es eine Sehnsucht nach Ruhe und dem Ende von Krisen, sagte der dem Sender Phoenix. „Und wir sind diejenigen, die den Leuten sagen müssen, es wird so nicht funktionieren. Dadurch sind wir etwas ins Abseits geraten.“

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) zeigte sich besorgt. Sie befürchte, dass „der Hass auf die Grünen“ vor den drei Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen im September „gezielt weiter geschürt wird“, sagte die Politikerin aus Sachsen-Anhalt am Wochenende der Berliner „tageszeitung“. Sie übte zugleich auch Kritik an ihrer Partei. Diese erwecke manchmal den Eindruck, „es immer besser zu wissen“. Einige Grüne hätten eine „oberlehrerhafte Attitüde“.

Özdemir forderte besonnene Gespräche

Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Johannes Vogel sicherte den Grünen Unterstützung zu. „Grüne Politiker sind teils zur Chiffre für ‚Die da oben’ geworden, für die Politik als Ganzes. Menschen, die sich in einer demokratischen Partei engagieren, werden persönlich verächtlich gemacht und teils ernsthaft bedroht“, sagte er der „Zeit“. Demokraten dürften „nicht einknicken oder verstummen, nur weil der Protest besonders unflätig daherkommt“. Demokraten müssten „der Verrohung“ entgegentreten.

Özdemir forderte besonnene Gespräche, um die Konflikte zwischen Politik und Landwirtschaft zu bewältigen. Man müsse sich wieder im normalen Ton zusammensetzen und die Probleme vernünftig lösen, „ohne dass man sich anbrüllt“, sagte der Minister dem „Tagesspiegel“. Bauern wie Politik müssten die Argumente der anderen gelten lassen. Gestritten wird derzeit vor allem um den geplanten schrittweisen Subventionsabbau bei Agrardiesel.