Bis zu 144 Stunden wird der Güterverkehr voraussichtlich vom GDL-Streik betroffen sein. Foto: Archiv/dpa/Ina Fassbender

Der Lokführerstreik der GDL trifft auch den Güterverkehr auf der Schiene. Manche Branche stellt das vor große Probleme. Ob Verbraucher davon etwas spüren werden, bleibt aber abzuwarten.

Nicht nur Fahrgäste, auch die deutsche Industrie muss sich aufgrund des Lokführerstreiks der Gewerkschaft GDL ab Dienstagabend auf erhebliche Einschränkungen einstellen. Insbesondere Branchen mit hohem Schienengüter-Anteil müssen umdisponieren. Die Deutsche Bahn geht von massiven wirtschaftlichen Auswirkungen des sechstägigen Streiks der Lokführergewerkschaft GDL aus. Ein so langer Arbeitskampf sei „ein Streik auch gegen die deutsche Wirtschaft“, sagte Bahn-Sprecherin Anja Bröker am Dienstagmorgen in Berlin.

„Der angekündigte sechstägige Bahnstreik belastet die Transportlogistik in Deutschland und Europa und damit auch Unternehmen der deutschen Automobilindustrie“, teilte etwa der Verband der Automobilindustrie (VDA) auf Anfrage mit.

Automobil- und Chemiebranche besonders betroffen

Zwar reagierten die Unternehmen und stellten, wo möglich, Liefer- und Logistikketten um. „Allerdings ist eine kurzfristige Verlagerung von der Schiene auf die Straße außerordentlich schwierig“, so der VDA. Schon in den vergangenen Jahren hätten viele Unternehmen in der Branche ihre Transporte auf die Straße verlagert. „Dadurch sind dies bezügliche Potenziale weitestgehend ausgeschöpft.“ Mit der Bahn würden vor allem Fertigfahrzeuge transportiert, teilte der VDA weiter mit.

Ob nun der eine oder andere Käufer länger auf sein Neufahrzeug warten muss, bleibt aber abzuwarten. Ob ein sechstägiger Streik dafür schon lange genug dauert, ist fraglich.

Auch für die Chemieindustrie bedeutet der Ausstand gleichwohl eine große Herausforderung, wie der Verband der Chemischen Industrie (VCI) auf Anfrage mitteilte. „Mit ihren Kunden und Logistikdienstleistern haben die Unternehmen umgehend flexible Lösungen entwickelt“, hieß es. „Diese können die Einschränkungen und Verzögerungen in der Bahnlogistik aber nur teilweise kompensieren.“

Längster Streik der Bahn-Geschichte

Der längste Streik der GDL-Geschichte beginnt am Dienstag um 18 Uhr im Güterverkehr, im Personenverkehr wird dann ab Mittwochfrüh um 2 Uhr gestreikt. Enden soll der Streik erst am Montag um 18 Uhr – das wären im Güterverkehr 144 und im Personenverkehr 136 Stunden.

„144 Stunden Streik wirken sich unmittelbar auf Industrie-Lieferketten aus und stören sie nachhaltig“, teilte die Güterverkehrstochter der Bahn, DB Cargo, mit. Der Verband Die Güterbahnen, in dem vor allem die Cargo-Wettbewerber organisiert sind, verwies indes darauf, dass die Bahn im Güterverkehr auf der Schiene nur noch einen Marktanteil von rund 40 Prozent habe. „60 Prozent des Schienengüterverkehrs rollen wie üblich und kommen wegen eines entleerten Netzes sogar häufig besser ans Ziel“, teilte Verbandsgeschäftsführer Peter Westenberger mit. Die privaten Unternehmen nähmen vereinzelt auch Waren auf, die DB Cargo aufgrund des Streiks nicht transportieren könne.

Die Bahn selbst verwies hingegen auf die eigene Bedeutung für den europäischen Güterverkehr. „Denn DB Cargo ist eine europäische Netzwerkbahn, anders als viele Mitbewerber, die vor allem einfache Shuttleverkehre anbieten“, teilte das Unternehmen mit. Der GDL-Streik sei deshalb vor allem ein Streik gegen die deutsche Wirtschaft.

Betroffen sei insbesondere der Einzelwagenverkehr, bei dem Waren direkt beim Kunden per Zug abgeholt werden. Die Waggons werden dann in Rangierbahnhöfen zu langen Güterzügen zusammengesetzt und am anderen Ende des Weges wieder auseinander genommen.

Vierter Streik in der aktuellen Tarifrunde

In der aktuellen Tarifrunde, die Anfang November begonnen hatte, ist der Mega-Streik der vierte: Im November und Dezember untermauerte die Gewerkschaft ihre Forderungen mit einem je eintägigen Warnstreik, im Januar folgte dann ein dreitägiger Ausstand. Und bislang stehen die Zeichen nicht auf ein Einlenken – die GDL verlangt eine verpflichtende Absenkung der Wochenarbeitszeit, die Deutsche Bahn bietet lediglich ein Wahlmodell zur Arbeitszeitreduzierung um eine Wochenstunde ab 2026.