Große Koalition im Bund? Allein der Gedanke verursacht bei vielen SPD-Mitgliedern im Südwesten Bauchschmerzen. Auch Landeschef Schmid hält so ein Bündnis noch nicht für ausgemacht. Foto: dpa

Große Koalition im Bund? Allein der Gedanke verursacht bei vielen SPD-Mitgliedern im Südwesten Bauchschmerzen. Auch Landeschef Schmid hält so ein Bündnis noch nicht für ausgemacht.

Reutlingen - In der baden-württembergischen SPD gibt es nach wie vor große Vorbehalte gegen ein Bündnis mit der Union. „Eine große Koalition ist etwas anderes als ein gemähtes Wiesle“, sagte SPD-Landeschef Nils Schmid am Samstag beim Landesparteitag in Reutlingen. Die Mitgliederbefragung dazu werde mit Sicherheit kein Spaziergang. Auch zahlreiche Delegierte äußerten Bedenken. Der Parteitag beschloss eine Resolution mit einem Forderungskatalog für die absehbaren Koalitionsgespräche. Ein Parteikonvent in Berlin soll am Sonntag über die Aufnahme der Verhandlungen entscheiden.

Mit der Resolution fordert die Südwest-SPD unter anderem Mittel des Bundes für den Ausbau von Bildungsvorhaben und für die Betreuung von Kindern ab dem ersten Lebensjahr bis zum letzten Schuljahr. „Allein in Baden-Württemberg sind hierfür 2,5 Milliarden Euro jährlich zusätzlich nötig“, heißt es in dem Papier, das der Landesparteitag am Samstag in Reutlingen mit zwei Enthaltungen beschloss. Die Länder und Kommunen bräuchten hierzu mehr Geld.

Die „Chancengerechtigkeit für Kinder“ solle mit Steuererhöhungen finanziert werden. Darüber hinaus wird in der Resolution auf die Versprechen im Wahlkampf verwiesen - so zum Thema soziale Gerechtigkeit. Dazu gehöre die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von mindestens 8,50 Euro.

Am Samstag gingen mehrere Delegierte mit ihrer Führung hart ins Gericht

Zudem spricht sich die Südwest-SPD gegen einen Ausbaustopp bei Windkraft und Solarenergie aus. „Wir wollen den wegfallenden Atomstrom nicht durch Kohlestrom ersetzen, sondern durch Strom aus erneuerbaren Energien“, sagte Vize-Landeschef Peter Friedrich. Damit liegt der Verband konträr zu Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD). Dieser machte in der „WirtschaftsWoche“ klar, dass er mehr Subventionen für Betreiber fossiler Kraftwerke und weniger Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien will.

Beim Parteitag wurde turnusgemäß der Landesvorstand neu gewählt. Schmid, seine vier Stellvertreter und Generalsekretärin Katja Mast hatten am Freitag nur mäßige Resultate erhalten. Schmid meinte, diese „Missstimmung“ bei der Basis sei Folge des Abschneidens der SPD bei der Bundestagswahl, der Debatte über eine unbeliebte große Koalition im Bund und der Regierungsarbeit in Baden-Württemberg - insbesondere in der Bildungspolitik.

Am Samstag gingen mehrere Delegierte mit ihrer Führung hart ins Gericht. Sie bemängelten, in der Landesregierung seien wichtige Themen noch nicht umgesetzt. Positiv wurden Äußerungen von Schmid aufgenommen, wonach Bildung Vorrang habe und die Haushaltskonsolidierung kein Selbstzweck sei. Schmid hatte den mit den Grünen vereinbarten Abbau von 11 600 Lehrerstellen bis 2020 infrage gestellt, der in der SPD umstritten ist.