Unterstützt werden die Gender-Gegner von der CDU-Fraktion mit Fraktionschef Manuel Hagel und Innenminister Thomas Strobl. Foto: dpa/Marijan Murat

Das Volksbegehren der Gender-Gegner ist an Formalien gescheitert, doch die Initiatoren wollen sich damit nicht zufrieden geben. Sie ziehen vor Gericht - und bekommen Rückhalt aus der Politik.

Die Gender-Gegner kämpfen nach der Ablehnung ihres Volksbegehrens an verschiedenen Fronten weiter gegen Binnen-I und Gendersternchen an Schulen und Behörden im Südwesten. Die Initiative reichte am Dienstag Klage beim Verfassungsgerichtshof ein. Das Innenministerium hatte den Antrag zuvor aus formalen Gründen für unzulässig erklärt. Die CDU-Fraktion lud den Heidelberger Initiator Klaus Hekking zudem zu einem Austausch am Dienstagnachmittag ein. Die Abgeordneten wollten den Unterstützern des Volksbegehrens bei der Sitzung klarmachen, dass man inhaltlich an einem Strang ziehe, hieß es aus der Fraktion. Es sollten Wege gesucht werden, wie man den gesammelten Unterschriften doch noch Geltung verschaffen könne.

 

Winfried Kretschmann sieht keinen Regelungsbedarf

Anschließend sollten gemeinsam mit Innenminister Thomas Strobl (CDU) die Ergebnisse der Beratungen präsentiert werden. Wird Gendersprache in Behörden am Ende doch verboten? Grüne und CDU sind sich bei dem Thema alles andere als einig.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann, selbst kein Freund der Gendersprache, sieht jedenfalls keinen Regelungsbedarf mit Blick auf Gendersprache in Behörden. „Für die Landesregierung ist es ganz einfach: In offiziösen Dokumenten halten wir uns an die Rechtschreibregeln“, sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart. Auch in der Schule seien Rechtschreibfehler schließlich Rechtschreibfehler. Der Staat müsse sich an das, was er sanktioniere, auch selbst halten. Er sei kein Freund davon, solche „Kulturdebatten“ hochzuziehen, sagte Kretschmann. Die Menschen müssten den Eindruck haben, dass Politik in solchen Krisenzeiten die Probleme löse.

Landesregierung, ihre Behörden und Einrichtungen sollen auf gendern verzichten

Die Initiatoren des Volksbegehrens hatten mehr als 14 000 Unterschriften beim Ministerium eingereicht. In dem Gesetzentwurf heißt es, dass die Landesregierung und die ihr nachgeordneten Behörden sowie alle übrigen Einrichtungen des Landes auf Vorgaben zum Gebrauch geschlechtsneutraler Änderungen und Zusätze verzichten sollten. Zudem dürften Prüfungsleistungen etwa an Universitäten und Schulen nicht deshalb schlechter bewertet oder beurteilt werden, weil nicht gegendert wurde.

Dabei ist weitgehend unklar, inwieweit Gendersprache wirklich im Alltag in Behörden, Schulen und Universitäten genutzt wird. Beispiele sind schwer zu finden. Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) betonte am Dienstag, sie wisse von keiner Uni, die das so für sich entschieden hätte. Es gebe auch überhaupt keine Hinweise, dass das Thema in Prüfungsverfahren relevant sei. Also eine Scheindebatte?

Bei größeren Kommunen gibt es unterschiedliche Varianten

Bei den größeren Kommunen gibt es nach Aussagen des Städtetags ganz unterschiedliche Varianten. „Es gibt von: Wir machen nichts, wir verändern nichts, bis hin zu einer Form von grafischem Element, was ja mehr ausdrückt als Bürgerinnen und Bürger“, sagte Sprecherin Christiane Conzen. Es sei auf jeden Fall ein Thema für die Verwaltungen.

Bei der Stadt Mannheim gibt es beispielsweise seit Juli 2023 eine „besondere Geschäftsanweisung zur Verwendung geschlechtergerechter Sprache“ in der Verwaltung. „Es ist eine Empfehlung für die Mitarbeitenden und zeigt Möglichkeiten auf. Es ist kein Muss“, sagte Monika Enzenbach, Sprecherin von Oberbürgermeister Christian Specht (CDU). In dem Dokument würden Beispiele gegeben – etwa „Mitarbeitende“ statt „Mitarbeiter“, aber auch Informationen zur Nutzung etwa des Gendersternchens.

Stadt Stuttgart verweist auf Umfrage

Die Stadt Stuttgart wiederum verweist auf eine eigene repräsentative Umfrage, wonach die Bewohner Stuttgarts mehrheitlich die Verwendung von Sonderzeichen wie dem Gendersternchen ablehnten. Aus diesem Grund bereite Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) eine Empfehlung an die Verwaltung vor, solche Sonderzeichen in der Regel nicht zu verwenden, teilte Sprecherin Susanne Kaufmann mit. Im Jahr 2020 habe der damalige Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) die Verwendung des Gendersternchens noch für zulässig erklärt.

Seit Jahren wird in Deutschland diskutiert, ob - und wenn ja, wie - männliche Formen in der Sprache durch weiter gefasste Begriffe ersetzt werden können oder sollten - um zum Beispiel Frauen offensiver einzubeziehen. Das Gendersternchen wie bei „Lehrer*innen“ ist eine Möglichkeit.

Der Rat für Rechtschreibung hat die Auffassung, dass allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden solle. In der vergangenen Sitzung im Sommer hatte das Expertengremium aber Genderzeichen nicht als Kernbestand der deutschen Rechtschreibung eingestuft.