Allein bei der Firma Synlab in Leinfelden-Echterdungen kommen derzeit täglich rund 1000 Corona-Tests an. Die meisten davon werden von Hand analysiert – weil das schneller geht als mit einem Automaten.
Echterdingen - Ein kurzer Mund- und Nasenabstrich genügt, um etwa 24 Stunden später zu wissen, ob man Corona hat oder nicht. Aber was passiert in diesen 24 Stunden mit der Probe? Sie geht auf eine lange Reise durch viele behandschuhte Finger, Pipetten, Röhrchen und Geräte – bis am Ende auf einem Bildschirm ein Kurvendiagramm erscheint. Geht die Kurve nach oben, ist das Testergebnis positiv; wenn nicht, dann nicht.
Mikrobiologisch, toxikologisch, chemisch – im Echterdinger Labor Synlab werden Tausende verschiedene Proben auf verschiedene Arten untersucht. In den Hochzeiten kommen am Tag 15 000 Blut-, Gewebe- und andere Proben rein – seit Corona ist die Zahl freilich gestiegen. Pro Tag werden dort etwa tausend Corona-Tests ausgewertet. „Der Testbedarf steigt, wir sind sieben Tage die Woche eigentlich rund um die Uhr am Analysieren“, sagt Katja Pöhls, die Geschäftsführerin von Synlab am Standort Echterdingen.
Jeder weiß, wo die Röhrchen hinkommen
Eine Corona-Probe durchläuft bis zum Ergebnis im Grunde vier Räume des Labors. Der erste ist groß, fast wie eine Halle, in der zahlreiche Menschen in weißen Kitteln mit Mundschutz und Gummihandschuhen an Tischen stehen und Kisten auspacken. Jeder weiß genau, wo die Röhrchen mit den Proben hinkommen und wo die Verpackung. Dabei ist der ganze Raum von außen betrachtet ein großes Wirrwarr an Kisten, Röhrchen, Plastikschalen und Geräten. Es scheint ein bisschen wie im Ameisenhaufen zu sein: Erst wenn man dazugehört, erkennt man das System dahinter.
Wenn jede Probe sauber als „eingetroffen“ dokumentiert ist, geht es weiter zur eigentlichen Arbeit in Raum zwei. Dort wird die Corona-Probe umgefüllt und für die sogenannte Polymerase-Kettenreaktion vorbereitet. Diese Methode wird bei Synlab überwiegend von Hand durchgeführt, auch wenn es im Labor eine Maschine dafür gibt. „Für die Zahl der Corona-Tests reicht die Kapazität unseres Automaten nicht aus“, sagt Eberhard Wieland, ärztlicher Leiter bei Synlab. Von Hand könne man mehr Proben bearbeiten als maschinell.
Bilden sich Kopien des Doppelstrangs?
Deshalb passiert im Raum drei und vier Folgendes: Das Coronavirus besteht aus einem sogenannten RNA-Strang. Das bedeutet, dass die Eigenschaften des Virus auf nur einem Informationsstrang gespeichert sind, während zum Beispiel die menschliche DNA aus einem Doppelstrang besteht. Da für die Analyse aber ein Doppelstrang vorliegen muss, wird die Virus-RNA zunächst zu einem solchen umgeschrieben. Dieser wird dann in einem Gerät, das ständig die Temperatur ändert, vervielfältigt. Am Ende können die Kopien der Virusinformation mithilfe eines Farbstoffs sichtbar gemacht werden.
So lässt sich auch das Kurvendiagramm erklären, das auf einem Gerät in Raum vier entsteht: Schlägt die Kettenreaktion an – bilden sich also Kopien des Doppelstrangs – dann war in der Probe die biologische Information des Virus vorhanden, die nun vervielfältigt wurde und so die Kurve ansteigen lässt. Bilden sich keine Kopien, bleibt die Linie auf dem Bildschirm flach und das Ergebnis ist negativ.
Trotzdem keine Entwarnung
Um technische Fehler zu vermeiden, wird bei jedem einzelnen Test eine positive und eine negative Probe als Kontrolle mitanalysiert. „Bei einem negativen Ergebnis sollte man trotzdem vorsichtig sein“, sagt Katja Pöhls, „es kann auch sein, dass man den Test zum Beispiel zu früh gemacht hat und sich das Virus noch gar nicht im Rachen- und Nasenraum eingenistet hat“.
Für die Mitarbeiter von Synlab ist es gerade eine aufregende Zeit. Die Beanspruchung durch viele Corona-Tests kommt auf die alltägliche Arbeit obendrauf. Mittlerweile sei eine gute Routine eingekehrt, meint Katja Pöhls. Dennoch sieht man den Ausnahmezustand, den das Virus ausgelöst hat: „Dass man 1000 Proben im Labor hat, die alle auf dieselbe Fragestellung hin untersucht werden, ist schon selten“, sagt Eberhard Wieland.
Das Labor sucht dringend Hilfe
Die Folge ist, dass das ganze Fachpersonal vor Ort ständig mit der Analyse von Proben beschäftigt ist und Mitarbeiter für andere Aufgaben fehlen. Ein paar studentische Aushilfen sind bereits im Labor tätig. Weil immer mehr Corona-Tests gemacht werden, könnten es aber gerne noch mehr Helfer sein, meint Pöhls. Die Studenten müssten dafür keinen medizinischen Hintergrund haben: Abstriche vorbereiten, Proben dokumentieren und verschicken, Lagerarbeiten und Kundenanfragen beantworten – das könne jeder schnell lernen. Wer einen fachlichen Bezug hat, dürfte selbst Abstriche durchführen und bei der Analyse mitarbeiten. „Wir sind dankbar für jede helfende Hand.“
Insgesamt werden Labore zurzeit sehr gefordert, meint Eberhard Wieland. „Wir müssen ad hoc umsetzen können, was die Politik beschließt“, sagt er. Es sei vorgekommen, dass es neue Test-Regeln gab, aber noch gar nicht die passenden Unterlagen dafür. „Insgesamt ist die Teststrategie aber sinnvoll, weil wir damit einen besseren Überblick haben, wie sich die Pandemie ausbreitet“, sagt Wieland.