Schöner wohnen in Ulaanbaatar, wo Russland und China viel gebaut haben, um den Sozialismus zu verbreiten. Foto: Pinakothek der Moderne

Ob Krankenhaus oder Bibliothek: In vielen Städten finden sich Gebäude, die Privatleute finanziert haben. Das ist nicht so edelmütig und unschuldig, wie gern getan wird. Eine Ausstellung in der Pinakothek der Moderne in München beleuchtet das Thema, allerdings verbesserungswürdig.

Wenn das mal kein Luxus war: geräumige Zimmer und fließend Wasser, Küche, Bad und sogar ein Balkon. Chimed Damdinsuren, ein Fabrikarbeiter, war begeistert, als er mit seiner Familie in Ulaanbaatar, der Hauptstadt der Mongolei, seine einfache Jurte tauschen konnte gegen eine solide Wohnung. Viel Beton, große Fenster und ein Blick auf Siedlungen, soweit das Auge reicht. Er genoss die neuen Annehmlichkeiten.

 

Aber schaut man sich heute die Fotos der monotonen Wohnblöcke an, kann man schon Zweifel bekommen ob dieses Geschenkes. Doch einem geschenkten Gaul, behauptet der Volksmund, schaut man nicht ins Maul. In München hat man es nun trotzdem getan – und sich einige große, gönnerhafte Bauprojekte vorgeknöpft, die edelmütig daherkommen, dabei aber keineswegs eigennützig waren.

Ob in München, Künzelsau oder Berlin, in der Mongolei oder im Silicon Valley in Kalifornien – überall findet sich geschenkte Architektur, mit der sich Staaten wie Russland oder wohlhabende Einzelpersonen wie Mark Zuckerberg Einfluss erkauften. „The Gift“ nennt sich deshalb die Ausstellung dazu in der Pinakothek der Moderne in München.

Die Geschenke kommen mit politischen oder wirtschaftlichen Interessen

Während in Ulaanbaatar lange zeltartige Behausungen das Stadtbild prägten, ziehen sich heute Betonblöcke durch die Stadt. Sie waren „Geschenke“ der Sowjetunion und nach dem Zweiten Weltkrieg auch anderer sozialistischer Länder, die hier ihre sozialistische Idee verwirklichen wollten. Man schickte Baumaterialien, Technologien, Entwürfe und Arbeitskräfte in die Mongolei – und heute findet man an vielen Stellen solcherlei Geschenke der Russen oder Chinesen: Wohnviertel, öffentliche Gebäude wie den „Palast der jungen Ingenieure“ oder den „Hochzeitspalast“, Industrieanlagen oder auch ein Pionierlager. Geschenke, bei denen der sozialistische Geist inklusive war.

Andere Ambitionen hatte man in East Palo Alto, einer Stadt im Silicon Valley, wo Mark Zuckerberg und andere Milliardäre in ein neues Schulkonzept investierten. An der AltSchool wollte man eine neue Philosophie des personalisierten Lernens entwickeln – also weg vom allwissenden Lehrer hin zu Kindern, die sich eigene Ziele setzen und im Rahmen eines festgelegten Lehrplans damit befassen, was sie am meisten interessiert. So philanthropisch die AltSchool daherkam, ging es allerdings auch darum, eine neue Softwareplattform auszuprobieren, die man an andere private und öffentliche Schulen verkaufen wollte.

Die Schüler waren dabei willkommene Versuchskaninchen. Als die Schule 2017 schloss, weil sich das Projekt als nicht lukrativ erwiesen hatte, standen sie von heute auf morgen auf der Straße.

So haben gute Taten oft ihre Schattenseiten. Als Skopje, die Hauptstadt von Mazedonien, 1963 bei einem Erdbeben zerstört wurde, war man dennoch froh und dankbar für die Solidarität anderer Länder. Es war eine außergewöhnliche Aufbauaktion, an der sich auch Länder aus Afrika und Asien beteiligten.

Viele Fragen bleiben in der Münchner Ausstellung offen

Fertighaussiedlungen und eine große Veranstaltungshalle wurden errichtet, Schweden und Norwegen finanzierten ein Kinderkrankenhaus, Großbritannien das Theater und Rumänien Wohnhäuser. Skopje wurde gefeiert als Vorzeigeprojekt der Vereinten Nationen für globale Solidarität. Da Skopje während des Kalten Krieges als Teil Jugoslawiens neutral bleiben wollte, wurde der Wiederaufbau durchaus genutzt als „nobler Wettstreit“, wie es Medien nannten.

Die Münchener Ausstellung ist zusammen mit der University of Michigan in Ann Arbor entstanden. Schade, dass man sich nicht die Mühe gemacht hat, die enormen Textmassen ins Deutsche zu übersetzen. Dass die verschiedenen Beispiele von lokalen Forschenden und Gemeinschaften erarbeitet wurden, ist ehrenwert, jedoch fehlen viele Informationen und bleiben allerhand Fragen offen – etwa wie die Umstände genau waren beim Haus Bastian in Berlin. Der Sammler und Kunsthändler Heiner Bastian hatte das prominente Gebäude beim Bode-Museum zunächst Reinhold Würth verkaufen wollen, beschloss dann aber, es der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu schenken – angeblich aus Angst, dass sein Name sonst aus der Öffentlichkeit verschwinden würde.

In der Ausstellung wird auch nicht deutlich gemacht, warum das Carmen-Würth-Forum in Künzelsau vorgestellt wird, mit dem Würth seiner „lieben Frau“ 2016 „voller Dankbarkeit ein Denkmal setzen“ wollte. So bleibt zu hoffen, dass sich alsbald versiertere Kuratoren dieses Themas annehmen, das extrem interessant ist und der Aufarbeitung lohnt – wie etwa ein kurzer Blick auf die Amerika-Häuser zeigt, mit denen den Deutschen nach dem Nationalsozialismus im Rahmen eines „Re-Education Program“ ein „Blick in die Welt“ ermöglicht werden sollte.

Besuch

The Gift – Großzügigkeit und Gewalt in der Architektur
 Pinakothek der Moderne, München, bis 8. September, Öffnungszeiten: Di, Mi + Fr–So 10–18, Do 10–20 Uhr.

Führung
 Am 21. März, 18.30–19.30 Uhr, findet eine Führung mit dem Kurator der Ausstellung, Damjan Kokalevski, statt.