OB Frank Nopper am Steuer: Bei einer Schiffstour durch den Hafen übernimmt der Rathauschef das Ruder. Die CDU-Bundestagsabgeordneten Max Mörseburg und Michael Donth sowie Hafen-Chef Carsten Strähle (von links) assistieren. Foto: Lichtgut//Ferdinando Iannone

In der Region wächst der Unmut über die zögerliche Haltung des Bundes beim Ausbau der Neckarschifffahrt. Vor allem der Stuttgarter Hafen-Chef versteht die Welt nicht mehr.

27 Schleusen müssen Schiffe passieren, die den Neckar von seiner Mündung in den Rhein bei Mannheim bis zum Ende der Schiffbarkeit bei Plochingen befahren wollen. Kurz vor dem Ende dieser Passage liegt der Hafen Stuttgart. Dessen Chef, Carsten Strähle, hat nun einen dringenden Appell abgesetzt, den Ausbau eben dieser 27 Schleusen nicht weiter zu verschleppen.

Hafen-Chef gibt Überblick

Über den Stand der Dinge informierte Strähle nun eine Runde christdemokratischer Politiker. Der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Max Mörseburg brachte unter Michael Donth, der für die CDU im Verkehrsausschuss des Bundestags sitzt ebenso mit, wie Oberbürgermeister Frank Nopper, den CDU-Fraktionsvorsitzenden im Gemeinderat, Alexander Kotz, sowie weitere Kommunalpolitiker der CDU mit in den Hafen.

Dort wurden im vergangen Jahr knapp vier Millionen Tonnen Güter umgeschlagen, gut drei Millionen davon allerdings auf der Schiene und nicht auf dem Wasser. An Engpässen im Hafen lag das nicht. „Die Binnenschifffahrt hat bei uns Kapazitätsreserven ohne Ende“, sagte Hafen-Chef Strähle. Allerdings entsprechen die Schleusen am Neckar nicht mehr dem neusten Stand. Sie kommen nun in das Alter, in dem sie saniert werden müssen. Das solle nach Vorstellung der Runde auch dazu genutzt werden, die Schleusenkammern für Schiffe mit einer Länge von 135 Metern auszubauen. Das ist der Standard in der Binnenschifffahrt, die Neckarschleusen böten allerdings nur Platz für Schiffe mit einer Länge von 105 Metern.

Eigene Behörde plant Ausbau

Mörseburg und Donth erinnerten daran, dass der Ausbau der Bundeswasserstraße Neckar nicht erst seit gestern auf der politischen Agenda steht. Seit 2007 gibt es eine Übereinkunft zwischen Land und Bund zur Erweiterung. Eine eigens eingerichtete Bundesbehörde arbeitet an den Planungen: das Wasserstraßen-Neubauamt in Heidelberg. Allerdings mit überschaubarem Erfolg trotz ordentlicher Personalausstattung, die zum Teil vom Land finanziert wird. Gerade einmal für eine der Schleusen liegt der sogenannte Planfeststellungsbeschluss, der der Baugenehmigung gleich kommt, vor. Allerdings ist er Gegenstand juristischer Auseinandersetzung und damit nicht rechtskräftig. „Mehr verschleppen kann man ein Vorhaben nicht“, stellt Carsten Strähle fest. Er räumt auch mit dem Gerücht auf, dass es mit dem auf rund 1,2 Milliarden Euro taxierten Schleusenausbau nicht getan ist, sondern der Neckar für längere Schiffe auch stellenweise begradigt werden müsste. „Der Fluss ist mit 135 Meter langen Schiffen befahrbar“.

Als im Dezember vergangenen Jahres Spekulationen aufkamen, der Bunde könne sich aus dem Vorhaben zurückziehen oder es auf die lange Bank schieben, waren die Reaktionen im Südwesten eindeutig. „Es kann nicht sein, dass der Bund eine seit vielen Jahren bestehende Vereinbarung mit dem Land für die Verlängerung der Neckarschleusen jetzt mit fadenscheinigen und nicht nachvollziehbaren Erklärungen über den Haufen wirft“, gab damals Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) zu Protokoll. Auch Verkehrspolitiker Donth mahnt an, der Bund müsse zu seinen Verpflichtungen stehen. Grund für einseitige Schuldzuweisungen an die Adresse von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sah er allerdings nicht. „Selbstkritisch muss man sagen, dass auch schon vor der Ampel-Koalition nicht viel voran gegangen ist.“ Immerhin habe es das Vorhaben unter der Großen Koalition in den Bundesverkehrswegeplan geschafft.

Lange Umsetzungszeit

1000 Frachtschiffe steuern den Stuttgarter Hafen pro Jahr an, jedes davon ersetzt 70 Lastwagenfahrten, rechnet Hafen-Chef Strähle vor. Um diese Verkehrsverlagerung noch zu verstärken, seien die längeren Schleusen nötig. Es werde wohl 20 Jahre dauern, bis das Vorhaben umgesetzt ist. „Aber jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt“, warb Strähle dafür, das Vorhaben mit Nachdruck voranzutreiben.