Die Politik muss gerechte Aufteilungverteilung in Familien fördern, findet unsere Autorin. Foto: /dpa/dpa

Politik muss Teilzeitarbeit von Väter fördern. Ein erster Schritt wäre etwa die Reform des Ehegattensplittings, meint unsere Autorin.

Stuttgart - Die Corona-Pandemie hat es deutlich gemacht: Das Erwerbsmodell, dass der Großteil der Eltern in Deutschland lebt, ist höchst fragil und bringt vor allem Frauen Nachteile. Denn in Familien, in denen er Vollzeit und sie Teilzeit arbeitet, bleibt es in Zeiten temporärer Quarantäne von Klassen und Kitagruppen sehr häufig an den Müttern hängen, Kleinkinder rund um die Uhr zu betreuen oder älteren Nachwuchs daheim zu beschulen. Klar, dank Homeoffice können derzeit auch Männer mehr Aufgaben übernehmen. Aber unterm Strich sind es Mütter, die sich zwischen Erwerbs- und Sorgearbeit Richtung Erschöpfung manövrieren – weshalb die Aussicht auf die Wintermonate vielen die Kehle eng werden lässt.

Dass die klassische Rollenverteilung auch in normalen Zeiten viele Nachteile für Frauen hat, ist bekannt. Vor allem führt es sie in eine oft lebenslange finanzielle Abhängigkeit vom Partner und im Falle einer Trennung nicht selten in prekäre finanzielle Verhältnisse. Kinder zu bekommen ist für Frauen das größte Armutsrisiko überhaupt. Es ist eine einfache Rechnung: Bleibt eine Frau mit durchschnittlichem Gehalt drei Jahre lang zu Hause und arbeitet dann zehn Jahre halbtags, hat sie im Alter monatlich 300 Euro weniger Rente.

Verteidiger des Splittings verweisen auf die Freiwilligkeit

Zu Recht stehen deshalb regelmäßig politische Instrumente wie das Ehegattensplitting zur Diskussion. Zuletzt haben es Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaft infrage gestellt, weil es die traditionelle Aufteilung von Erwerbsarbeit massiv unterstützt. Je größer die Lohnunterschiede zwischen Ehepartnern sind, umso größer ist die Steuerersparnis. Weil die weniger Verdienende ihre Steuerfreibeträge an den Partner abtritt, sieht es auf dem Gehaltszettel noch katastrophaler aus. Was nicht gerade motiviert, die Stundenzahl zu erhöhen.

Verteidiger des Splittings – und ganz generell des traditionellen Rollenmodells – verweisen gern darauf, dass viele Mütter ja freiwillig wenig arbeiten, weil sie für die Kinder da sein wollen. Das stimmt. In einer Umfrage des Allensbacher Instituts aus dem Jahr 2015 gaben zwei Drittel der befragten Eltern an, dass der Wunsch der Frau, Zeit mit den Kindern zu verbringen, eine große Rolle bei der Aufgabenverteilung gespielt habe.

Frauen werden zum Kümmern erzogen

Was dabei vergessen wird, sind die Gründe dafür: So haben Autorinnen plausibel dargelegt, wie Mädchen von klein auf in die Rolle der Kümmerin hineinerzogen werden und dann vermeintlich freiwillig den Großteil der unbezahlten Gefühls- und Sorgearbeit übernehmen. Zum anderen verleugnen die Bewahrer der alten Rollen den Wunsch vieler junger Väter, die ebenfalls weniger arbeiten und Zeit daheim mit dem Nachwuchs verbringen wollen. Auch das ergeben Studien regelmäßig. Das heute geförderte Modell diskriminiert also nicht nur Frauen, es passt auch nicht mehr zu Planungen, wie viele Paare heute leben wollen.

Eine Politik, die dem Rechnung trägt, muss deshalb Teilzeitarbeit von Müttern und Vätern fördern. Etwa, indem sie Steuervorteile nicht an Trauschein und Lohnunterschieden, sondern an der Anzahl der Kinder festmacht. Und indem sie die unbezahlte Sorgearbeit endlich entlohnt. Erste richtige Schritte waren das Recht auf Brückenteilzeit und die Elterngeldreform, weil sie Arbeitszeitreduzierung insbesondere von Männern fördern.

Wenn alles an ihm hängt, wird es gefährlich

Wer ein Familienmodell möchte, das Müttern, Vätern und Kindern Glück und Stabilität bietet, der kommt an einer gleichberechtigten Verteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit nicht vorbei. Denn wie gefährlich es mittlerweile ist, wenn das finanzielle Wohl maßgeblich von seinem Job abhängt, auch das hat Corona deutlich gezeigt.

lisa.welzhofer@stuttgarter-nachrichten.de