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Eine Zuschrift von Wilfried Nüßle zum Wort „gägå“ veranlasst uns, diese Sache nochmals aufzugreifen.

Stuttgart - Eine Zuschrift von Leser Wilfried Nüßle aus Ehningen zur Erforschung des Wortes „gägå“ (etwas in eine schiefe Lage bringen, neigen, insbesondere ein Gefäß) veranlasst, diese Sache nochmals aufzugreifen. Leser Nüßle bemerkt nämlich, dass ihm das Wort „gägå“ bekannt sei, beispielsweise ein wackeliges Gerüst, nicht jedoch im Zusammenhang mit Mostfässern, in Ehningen müsse man das Fass hellå, wenn der Most zu Ende gehe. Er habe jedoch keine Ahnung, woher dieses Wort stamme. Also gilt es nachzuschauen, ob es „hellå“ in diesem Zusammenhang gibt.

Der erste Blick in das Schwäbische Wörterbuch bringt keinen Erfolg. Mehr Glück hat man beim Grimm’schen Wörterbuch. Hier findet man das Wort „hellen“ in der Bedeutung „neigen“ und die Anmerkung „assimilierte Form von hälden, halden“ (= Angleichung eines Lautes an einen andern). Beim Ausdruck „halden“ erfährt man, dass es ein vorzugsweise dem alemannischen Sprachgebiet zufallendes Wort ist in der Bedeutung „sich senken oder neigen“. Und eine alte Aussage wird zitiert: „die äst haldend oder buckend sich von schwäre“.

Im Schwäbischen Wörterbuch sind „haldå“ und die Ableitung „haldålå“ im Sinne von „eine Halde bilden, schief stehen oder liegen“ auch vertreten, wobei „haldålå“ auch in der Redensart „’s Gschäft haldålåt“ verwendet wird, was wohl leicht zu verstehen ist.

Das Wort „hälden“, schwäbisch gesprochen „heldå“ oder in der assimilierten Form „hellå“, bedeutet „neigen, und zwar meist ein Geschirr so weit neigen, dass der Inhalt ausfließen kann, z. B. ein Fass, einen Krug, ein Glas“. Und wer seinen Mostkrug oder sein Glas oft hellåt, bestätigt damit den übertragenen Sinn von „hellå“, nämlich „viel trinken“.

Manche Leser werden sich fragen, weshalb das geschriebene „häldå“ als „heldå“, also mit einem „e“, ausgesprochen wird. Eine Antwort erhält man in Brechenmachers „Schwäbische Sprachkunde“, wo viele Wörter mit derselben Erscheinung aufgeführt sind: Äpfel – Epfl, (er) fällt – fellt, Wäsche – Wesch u. a. Die Ursache liegt darin, dass es vor tausend Jahren noch keinen Buchstaben „ä“ gab und man deshalb die umgelauteten Wörter mit „e“ schrieb. Trotzdem blieben nach der Umstellung auf „ä“ in der deutschen Sprache auch noch einige „e-Wörter“ übrig wie „Eltern“ (= die Älteren). Der schwäbische Spruch des Tages kommt von Leser Erhard Siegle aus Kleinaspach. Er schickt vorweg: „Während einer Geschäftsreise mit einem Kunden aus Mühlheim an der Donau kamen wir auch auf unsere schwäbischen und die besonders älblerischen knitzen Gedankengänge der dortigen Bewohner zu sprechen. Der Kunde erzählte mir von einem älteren Bauern aus Mühlheim-Stetten und dessen Sicht auf den Hausbau und das Heiraten, welche er in einem kurzen und prägnanten Satz zum Ausdruck brachte: ,’s Häuslebaua ond au ’s Heirada sod erscht beim zwoidamol gelda.‘“

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