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- Leser Jörg Bodenhöfer aus Fellbach-Oeffingen macht sich Gedanken über das Wort „leiden“, speziell über die Redensart: „I kann de leida“.

Stuttgart - Leser Jörg Bodenhöfer aus Fellbach-Oeffingen macht sich Gedanken über das Wort „leiden“, speziell über die Redensart: „I kann de leida“. Er bemerkt dazu: „In meiner Umgebung versteht man darunter, dass man jemanden gern oder wenigstens nicht ungern hat.“

Es ist schon seltsam, dass man „leiden“, das ja für „Leid erdulden, Schmerzen erleiden“ steht, auch verwendet für „jemanden gern haben“. Hat das möglicherweise damit zu tun, dass man, wenn man jemanden gern hat, auch Leiden ertragen muss? Verfolgen wir den Werdegang des Wortes „leiden“.

Vergleichen wir zunächst einmal die Laute bei der Aussprache von „leiden“ und „leid“. Wer genau hinhört, bemerkt, dass wir bei „leiden“ ein „ei“ hören, bei „leid“ ein „ae“. Dies ist ein Kennzeichen dafür, dass die beiden Wörter unterschiedliche Wurzeln haben. Das Verb „leiden“ stammt von dem althochdeutschen „lidan“, eine Aussprache, die heute noch im Alemannischen mit „lidå“ zu hören ist, im Schwäbischen sagt man „leidå“ (junges ei). Das Wort „leid/das Leid“ geht auf ein althochdeutsches „leit“ zurück, weshalb es im Schwäbischen mit „lòed/lòåd“ (altes ei) gesprochen wird.

Kommen wir zur Bedeutung von „leiden“: Vorwiegend versteht man darunter „Not, Pein, Plagen durchmachen“, wie es bei Grimm heißt. Leiden kann man in vielerlei Beziehungen: an Krankheiten, an Hunger und Durst, unter physischen wie psychischen Gebrechen, auch das Geschäft, das Ansehen kann leiden. Doch neben diesen Schmerzen und Nöten benutzt man „leiden“ auch im Sinne von „etwas auf sich nehmen/tragen müssen“, wobei man sich mit dem Schicksal abfindet, wie es in der Aussage „Dess miåßå mr halt leidå“ gemeint ist.

Eine starke Sinnkurve auf die positive Seite bekommt „leiden“ dadurch, dass man darunter von „etwas aushalten, einen oder etwas ertragen“ bis zu „gern haben“, ja sogar „lieb haben“ versteht: „I kã de leidå“ ist plötzlich eine Liebeserklärung – ohne Wenn und Aber. Ein Schwabe hat kein „Ich liebe dich“ auf den Lippen, bei ihm heißt es entweder „I mãg de“ oder „I kã de leidå“. Das folgende schwäbische Volkslied beweist dies überdeutlich:

„Mädle, ruck, ruck, ruck an meine

grüne Seite,

i hab de gar so gern, i kann de leide.

Bist so lieb und gut, schön wie Milch

und Blut,

Du mußt bei mir bleibe, mußt mir

Zeit vrtreibe.

Mädle, ruck, ruck, ruck  . . .“

Mehrere Beiträge haben wir zur Karikatur-Geschichte von Renate Köpf vom 22. Februar erhalten. Horst Bauer aus Aidlingen und Jörg Rothermundt aus Plüderhausen können sich genau daran erinnern. „Die erwähnte Karikatur aus den sechziger Jahren stammt von dem Zeichner Meinhardt und stand in der ,Stuttgarter Zeitung‘, schreibt Jörg Rothermundt: „Es ging auch um einen Lebensmittelskandal. In der Wurst waren hohe Mengen Nitritsalz gefunden worden. Die Karikatur zeigte einen Lehrling, der einen großen Fleischwolf drehte, während der Meister oben aus einer Schüssel Zutaten hineinschüttete. Darunter stand: ,Moischter, wenn rauskommt, was do neikommt, kommet mr nei, dass mr nemme rauskommet.‘

Als heutigen Spruch veröffentlichen wir eine Variante dieses Spruchs von Werner Blocher aus Frickenhausen: „Dr Metzgermoistr zaigt em Lehrling, wia ma Weißwürscht macht. Moa ’r fertig isch, froagt ’r da Lehrling: ,So, hoasch verstanda, wia des goaht?‘ ,Joa scho, aber ois muose sa, wenn des rauskommt, was doa naikommt noa kommet Sia doa nai, moa se nemme so schnell rauskommet!‘“