Ein kleines Jubiläum, ein großer Abend: Beim zehnten „Auf-gut-Schwäbisch“- Stammtisch im Zeppelinstüble traten der schwäbische Sänger Monty Bürkle und der schwäbische Philosoph des Heiteren, Dieter Adrion alias Johann Martin Enderle, auf. Kulinarische Überraschungen gab’ obendrein . . .

Stuttgart - Großmeister des Schwäbischen – gibt’s so etwas? Wer könnte das sein? Ein Name, der einem sofort einfällt, ist Josef Eberle (1901–1986),alias Sebastian Blau, der die Mundart dichterisch auf höchstes Niveau gehoben hat. Davon wird er landauf, landab verehrt – auch von Dieter Adrion alias Johann Martin Enderle. Er bewundert Sebastian Blau, „weil dieser das Versmaß perfekt beherrschte und furios Pointen zu setzen verstand“.

Kein Wunder, dass ein Bild des Rottenburger Dichterfürsten im Schreibzimmer Adrions hängt – „um ihm beim Dichten über die Schulter zu schauen“. Adrion hat seinem Vorbild ein Gedicht gewidmet – geschrieben aus der Perspektive des gelehrigen Schülers. Es endet mit dem Eingeständnis, man müsse im Zweifel den Mut haben, das Dichten bleiben zu lassen.

Glücklicherweise hat es Adrion nicht bleiben gelassen. Er kann heute ein stattliches Œuvre aus heiterer Lyrik, Mundarttexten und schwäbischen Variationen von Theaterliteratur vorweisen. Adrion, um es kurz zu machen, ist längst selbst ein Großmeister des Schwäbischen – auch wenn der gebürtige Cannstatter das nicht unterschreiben würde, weil er höchst bescheiden ist.

Wie virtuos der ehemalige akademische Direktor der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg mit dem Dialekt umzugehen versteht, erlebten am Donnerstagabend die knapp 40 Gäste unseres Jubiläumsstammtischs im Zeppelinstüble des Hotels Steigenberger Graf Zeppelin. In der Rolle der Kunstfigur Johann Martin Enderle begeisterte der ausgebildete Theatermann das Publikum. Herzerfrischend seine gereimte Begriffserläuterung des schwäbischen „Heben“ inklusive des Hinweises auf den Mundartkollegen Helmut Binder, der in seinem „Schwäbischen Wörterbuch“ ein „Heben“-Beispiel nennt: Fragt das Kind den Vater: „Nemmsch Du Medikamente, dass De länger hebsch?“ Großartig auch Adrions Hadern mit der modernen Technik: „Wo druckt mr do druff?“ In vielem, was er meisterhaft zusammenreimt, erkennt man sich wieder.

„Elegie vom Spätzle uff’m Seiher“

Charakteristisch für Adrion sind sein Sprachgefühl und -witz. Das zeigt sich besonders in seiner „Elegie vom Spätzle uff’m Seiher“ – einem Gedicht über das Schicksal eines Spätzles von der schmerzhaften Zubereitung bis zum gnadenlosen Verzehr. Heute schon ein Klassiker, vergleichbar Sebastian Blaus „Gesangsverein“.

Den „Gesangsverein“ bringt am Donnerstagabend allerdings nicht Dieter Adrion zum Vortrag, sondern der andere Ehrengast des Abends, Musiker Monty Bürkle. Mit Adrion verbinden ihn gemeinsame Erlebnisse und jahrzehntelange Bühnenerfahrung. Musikalisch tanzt der gebürtige Fellbacher auf vielen Hochzeiten – vom Jazz bis zum Schlager. An diesem Abend singt der „schwäbische Tom Jones“ in seiner Heimatsprache: unter anderem eine Blues-Variation des beliebten „I wenn i Geld gnuag hätt“.

Nicht weniger belebend sind Bürkles Schilderungen aus seinem bewegten Künstlerleben: Zwölf Jahre spielte er im Orchester Hazy Osterwald, später dann mit eigener Formation, der „Monty Bürkle Show“. Zu seinen Zuhörern zählten Prominente aus aller Welt – von Caroline von Monaco bis Karl Lagerfeld. Einmal auch der spanische König, den er auf Wunsch eines Veranstalters mit „Viva España“ unterhalten sollte. Als sich Juan Carlos die Ohren zuhielt und „Jodeling“ verlangte, schwenkte er um auf das „Kufstein-Lied“. Der König strahlte. Am Donnerstagabend strahlt das Publikum bei Bürkles „Schwäbischer Eisabahn“.

Jubiläum muss man haben – dann kann man sich vor Überraschungen kaum retten. Überraschung Nummer eins serviert Christiane Welt, stellvertretende Direktorin des Hotels Steigenberger Graf Zeppelin: Anlässlich des zehnten „Auf gut Schwäbisch“- Stammtischs gibt’s Kuchen für alle. Überraschung Nummer zwei kommt von Teilnehmerin Irmgard Abt. Drei Tage lang hat sie für den Stammtisch „Sarahle“ gebacken – inspiriert von der Diskussion in unserer Dialektspalte über das selten gewordene, nach der Schauspielerin Sarah Bernhardt benannte Gebäck. Für weitere Überraschungen sorgten Stammtisch-Gäste mit eigenen Mundbeiträgen.

Erfreutes Fazit eines Stammtisch-Besuchers: „Dieter A. und Monty B. – Leit, des war heut wieder schee!“ Gelegenheit, ein Werk von Dieter Adrion zu erleben, besteht bereits an diesem Wochenende: Am Sonntag (19. April) spielt das Ensemble des Asperger Glasperlenspiels dortselbst seinen „Schwäbischen Tartüff“ nach Molière, der mit dem Deutschen Amateurtheaterpreis 2014 ausgezeichnet wurde. Beginn ist um 19 Uhr (Tel. 0 71 41 / 6 34 91). Weitere Infos zu Dieter Adrion unter: www.selber-verlag.de

Für Auftritte von Monty Bürkle empfiehlt sich ein Blick auf dessen Homepage bzw. Hoamedseite: www.montymusic.de

„Auf gut Schwäbisch“-Stammtische stehen jedermann offen. Für Interessenten führen wir eine Warteliste: land@stn.zgs.de