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Gottfried Quinzler kam als Kind oft nach Gechingen. Dort fiel im das Wort „’s Ureisele“ für Hornisse auf.

Stuttgart - Leser Gottfried Quinzler kam als Kind oft nach Gechingen im Kreis Calw in die Heimat seines Vaters. Damals fiel ihm das dort gesprochene „’s Ureisele“ auf, womit die Bewohner die Hornisse benannten. Dieses Wort hat er bis heute nirgends mehr gehört.

Solange es Menschen gibt, so lange gibt es bestimmt auch Hornissen. Wie dieselben in den zurückliegenden Jahrtausenden von den Menschen jedoch bezeichnet worden sind, lässt sich nur für die Zeiten feststellen, in denen es möglich war, die Namen schriftlich festzuhalten. Diese Bemerkung wird deshalb vorausgeschickt, weil es schon verwunderlich ist, wie viele Sprechformen die Hornisse seit der Zeit, in der in deutscher Sprache geschrieben werden kann, also seit dem Althochdeutschen vor etwa 1200 Jahren, ihr Eigen nennen darf.

Angefangen hat es damals mit dem „hornusz“ (mask.). Aus dem langen „u“ wurde im 12. Jahrhundert infolge einer Lautumwandlung der Diphthong „au“, so dass daraus „hornausz“ und „hurnausz“ wurden: „brumpt ein basz wie ein hurnausz inn eim stiffel“. Im alemannischen Bereich fand diese Lautveränderung nicht statt, weshalb dort und im südlichen Bereich des schwäbischen Sprachgebietes noch Sprechformen mit dem „u“ vorzufinden sind „hurnus, hurus“ (beide mit langem u) und „hurnes“. Die erste Silbe „hur“ geht auf das Verb „hurren / hurrnen“ in der Bedeutung „sich sausend bewegen“ zurück. Im Laufe der Zeit ergaben sich durch Umlautung der letzten Silbe „hornäusz, hurnäusz, hurneysz“.

Durch Schwächung des Vokals der letzten Silbe bildeten sich schon im Althochdeutschen „hornisz, hurnisz, hornüsch“. Auf dieser Form beruht die heute allein schriftgemäße „Hornisse“, wobei das männliche Geschlecht sich in das weibliche änderte. Ab dem 17. Jahrhundert verzeichneten die Wörterbücher das Wort nur noch in den weiblichen Formen: die hörnis, die horneisz usw.

Hier eine Auswahl schwäbischer Sprechformen aus Fischers Wörterbuch: hurnaus, hurlaus, hurnausl, hurausl, hurneisl, hureisl, hurnisl, horaisl, hiårnaisl, hiåresl sowie hurnigl (mit verwandter Wurzel). Hier sieht man wieder, wie viele alte Sprechweisen im schwäbischen Sprachschatz angesiedelt sind.

Zum Schluss ein Ratschlag aus einem Oeconomischen Lexikon: „wenn ein mensch von einer hornisse gestochen ist, soll man etliche fliegen fangen und auf dem stich zerdrucken“. Hoffentlich hilft’s!

Leserin Irmgard Abt bezieht sich auf einen Beitrag aus der vergangenen Woche, in dem es um das französisch angehauchte Einstecktuch geht. Sie schreibt: „Dieses Einstecktuch oder auch Bussier-Tüchle heißt Fazinettle. Da es nur bei besonderen Anlässen, so auch zum Abschlussball der Tanzstunden, getragen wurde, galt es für die jungen Männer als sehr ,fatza-nobel‘ – nobler ging’s nicht mehr. Apropos ,fatza‘: Wenn es auf der Straße glatt war, sagte man ,fatzaglatt‘. ,Fatza-grea‘ sind unreife Äpfel oder Zwetschgen. ,Fatzanüchtern‘ ist das Gegenteil von stockbesoffen, ,fatzagrad‘ meint korrekt, ,fatzaleer‘ bedeutet: Leerer geht’s im Mostfässle nicht mehr, und ,fatzagleich‘ ist, wenn ein Ei dem andern gleicht.“ Der schwäbische Spruch des Tages kommt ebenfalls von Frau Abt: „D’Arbet lauft net drvo, wenn mr de Kender dr Reagaboga zaigt. Aber dr Reagaboga wartet net,bis d’Arbet ferdich isch!“

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