Der Zahl derer, die neu in den Flüchtlings-Unterkünften im Kreis Ludwigsburg ankommen, geht weiter deutlich zurück. Foto: dpa

In diesem Jahr kamen bislang deutlich weniger Flüchtlinge in den Kreis, als zunächst vermutet. Da in der Vergangenheit aber nicht alle Menschen untergebracht werden konnten, hat das Landratsamt noch Nachholbedarf.

Kreis Ludwigsburg - Die Zahl der Flüchtlinge, die derzeit in den Kreis Ludwigsburg kommen, bleibt auf einem niedrigeren Niveau, als zunächst angenommen. Stand Mittwoch hat der Kreis in diesem Jahr bisher 1883 Menschen aufgenommen und in den Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Auf das ganze Jahr hochgerechnet geht das Landratsamt momentan von circa 4000 bis 5000 Flüchtlingen aus, die neu in den Kreis kommen – nur etwa halb so viele, wie ursprünglich prognostiziert. Noch Anfang des Jahres ging man im Kreishaus von rund 8000 Neuankömmlingen aus.

Bereits im April hatte der Kreistag daher die Errichtung vieler Unterkünfte auf Eis gelegt, dieser Baustopp gilt nach Auskunft von Andreas Fritz, dem Sprecher des Landratsamt, auch weiterhin. Die Gebäude, die sich bereits im Bau befinden, werden aber fertiggestellt.

Der Stopp für den Bau neuer Unterkünfte bleibt bestehen

Mit den sinkenden Zahlen geht den Zuständigen im Landratsamt die Arbeit jedoch nicht aus: Der Kreis hat noch einen gehörigen Nachholbedarf, was die Unterbringung angeht. Nach Auskunft der Behörde besteht derzeit eine Minusquote von 1642 Personen, die in der Vergangenheit eigentlich hätte untergebracht werden müssen – was des Landratamt aber nicht stemmen konnte.

Das Regierungspräsidium Karlsruhe, das für die Verteilung der Asylbewerber im Land Baden-Württemberg zuständig ist, errechnet anhand der Einwohnerzahl der Landkreise, wie viele Menschen zugewiesen werden. Sorgen die Kreisbehörden nicht rechtzeitig für entsprechende Kapazitäten, kommen die Asylsuchenden zunächst andernorts unter. Die Minusquote muss dann jedoch später abgebaut werden – so wie nun in Ludwigsburg.

Der Höchststand diese Quote lag laut Landratsamt im Mai. Damals hatte der Kreis 1850 Flüchtlinge weniger untergebracht, als er nach dem Schlüssel aus Karlsruhe sollte. Um diese Quote abzubauen, nimmt der Kreis daher in nächster Zukunft rund 400 Personen pro Monat auf – deutlich mehr, als die eigentlichen Zugangszahlen verlangen würden.

Der Kreis muss seine Minusquote abbauen

Die Situation in den Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises entspannt sich aber auch deshalb, weil nach und nach immer mehr Asylbewerber in die Obhut der Kommunen fallen. Diese sind für die sogenannte Anschlussunterbringung zuständig. Auch deshalb ist die Kreisverwaltung bemüht, Kapazitäten in ihren Unterkünften abzubauen. Die Turnhallen, die aktuell belegt sind, sollen zum Beispiel so schnell wie möglich geräumt werden.

Alle Plätze, die derzeit frei sind (siehe Info) wird der Kreis aber nicht abbauen. Die Verwaltung hält Kapazitäten für den Fall vor, dass die Zahlen wieder steigen.

Mehr Hilfe für die Helfer – die Ökumenische Fachstelle Asyl wird ausgebaut

Ihre Arbeit dürfte landesweit einmalig sein: Seit Herbst 2014 unterstützt die ökumenische Fachstelle Asyl im Landkreis Ludwigsburg Helfer und Ehrenamtliche, die sich ihrerseits um Flüchtlinge kümmern und in den Arbeitskreisen (AK) Asyl aktiv sind. „Ich kenne keine andere Einrichtung dieser Art“, sagt Martin Strecker, der Geschäftsführer der Diakonie im Kreis. Weil die Nachfrage nach Hilfe unter den Helfern aber groß ist, wird die Fachstelle nun personell aufgestockt.

Petra Kühn und Isabel Martin haben in den vergangenen Wochen ihre Arbeit aufgenommen und sollen Martha Albinger und Silvia Maier-Lidle unterstützen. Insgesamt 2,5 Stellen finanzieren die Wohlfahrtsverbände von katholischer und evangelischer Kirche damit für die kommenden fünf Jahre in der Fachstelle. Das gesamte Budget der Einrichtung liegt jährlich bei rund 250 000 Euro. Dass das Geld gut angelegt ist, daran lassen weder Strecker noch der Regional-Leiter der Caritas, Hendrik Rook, einen Zweifel – und dafür sprechen auch die Zahlen der Fachstelle.

Die Mitarbeiter rechnen mit steigenden Asyl-Zahlen

52 AKs gibt es aktuell im Kreis Ludwigsburg, zwischen 2000 und 3000 Helfer sind darin aktiv, schätzen Albinger und Maier-Lidle. Rund ein Drittel der Ehrenamtlichen hat das Schulungsprogramm ihrer Fachstelle schon durchlaufen, den „Führerschein Asyl“. Darin werden den Freiwilligen die Grundlagen des Asylrechts, die richtige interkulturelle Kommunikation mit den Flüchtlingen, aber auch das richtige Maß des Helfens beigebracht – schließlich müssen auch Ehrenamtliche mit ihren Ressourcen haushalten, sagt Maier-Lidle.

Ihrer Ansicht nach gelingt das vielen Helfern auch. Entgegen vieler Befürchtungen sei das Engagement der Bürger in den vergangenen Monaten nicht zurückgegangen. Zwar meldeten sich deutlich weniger neue Helfer bei den Arbeitskreisen als noch im vergangenen Sommer – „die Ehrenamtlichen, die bereits da sind, bleiben zum Großteil aber dabei.“

Gleichwohl geht die Arbeit der Fachstelle über die Fortbildung der Helfer hinaus. Das Team bietet auch Supervision und Beratung an, ist Ansprechpartner für Behörden und Institutionen und vernetzt viele Akteure miteinander. Sie ist gewissermaßen die Zentrale der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer – und wird daher auch in Zeiten rückläufiger Asylzahlen gebraucht, meint Diakonie-Chef Strecker. Denn: „Die ruhige Phase wird auch wieder enden.“