Die Stuttgarter Galerie Abtart zeigt auf der Art Karlsruhe neben der Arbeit „Jokermate“ (im Bild) auch die Installation „iSelphyMachine“ des Konstanzer Künstlers Foto: Abtart

Eine Kunstmesse, die für Stau vor einer Autobahnabfahrt sorgt – das hat was. Unkenrufe hin, Abfälligkeiten her – schon die Eröffnung für geladene Gäste am Mittwoch geriet zum zahlenmäßigen Triumph für die Messeverantwortlichen um Art-Karlsruhe-Kurator Ewald Schrade.

Karlsruhe - Diese Kunstmesse, die Art Karlsruhe, bleibt ein Phänomen. Bekenner dürfte man kaum finden, Galeristen, Händler, Sammler, Vermittler, Ausstellungsmacher, Kritiker und Museumsverantwortliche, die abwinken, dafür reichlich. Zugleich aber sind alle, die eigentlich nicht da sind, doch da. Und am besten so früh wie möglich, was für den Mittwoch bedeutete: Lange, bevor Bundeskulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) ihre Grußworte zur Eröffnung sprach.

Darf man aus solchem Zuspruch vielleicht eine Sehnsucht ableiten? Dass nämlich eigentlich so wie die Art Karlsruhe räumlich strukturiert ist, doch bitte eine Kunstmesse möglichst aussehen sollte? Die Höhe und Weite der Karlsruher Messehallen sorgt für wahrnehmbare Offenheit. Das hat etwas. Wäre doch etwas. Die Luft steht zudem nicht schon am Vormittag. Auch das hat etwas, wäre doch etwas.

Und dann? Folgt ein Erwachen, das nicht wenige zu den fast schon als Messe in der Messe erscheinenden Ballungen überzeugender Galerieangebote in den Hallen zwei und drei eilen lässt. Dorthin also, wo die gegenüber dem Vorjahr deutlich erholte Galerie Dorothea van der Koelen ihre konkreten Kunstpositionen an den malerischen Kräften der wie schon 2013 überraschend starken Werkauswahl der Berliner Galerie Georg Nothelfer reibt. Dorthin, wo die Augenöffner für die Moderne wie Döbele (Mannheim/Würzburg), Geiger (Konstanz) und Schlichtenmaier (Grafenau und Stuttgart) einladen, über Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts den Weg in die Gegenwart zu gehen.

Vorbei dann auch an Galeriepräsentationen, die verblüffen dürfen. So etwa, wie schon 2014 auch in diesem Jahr wieder das Angebot der Galerie Maulberger (München), die neben einem großzügigen 1950er/1960er-Jahre-Panorama auch mit einer für sich gültigen Werkauswahl von Heinrich Wildemann aufwartet. Oder vorbei an zwei wunderbaren Blättern des spanischen Malers Antonio Saura bei der Galerie Cortino (Valencia).

Stand der Galerie Michael Werner wird zur Bühne

Und auch das gibt es auf dieser Messe – dass die Frage, ob man einmal ein wirklich tolles Bild sehen wolle, mit einem Blick in die durchweg schmalen Lagerräume beantwortet wird. Vor allem anwesende Künstler betreiben dieses Spiel – zum Leidwesen oft genug geplagter Galeristen. Da macht der frühere Malerfürst Markus Lüpertz keine Ausnahme. Ihm wird der Stand der Galerie Michael Werner zur Bühne.

Ideal, das hat Ewald Schrade, noch immer einsamer Vorkämpfer für die Art Karlsruhe und über die Bezeichnung „Kurator“ zugleich noch mit dem Rucksack der Weiterentwicklung der Konzeption und der Auswahl der Galerien und anderer notwendiger Mitspieler beschwert, früh erkannt, sind die hohen Hallen für die Präsentation von Skulpturen. Was aber, wenn sie so ausgeht wie im Fall des Malers Helge Leiberg, der mutmaßlich Schreitende zu kaum ernsthaften Annäherungen an das Thema verarbeitet und damit gar das eigene malerische Werk der späten 1970er und frühen 1980er Jahre gefährdet?

Anders geht die Sache bei Robert Schad aus – seine linearen Figurationen strecken und recken sich den Bogendecken so selbstbewusst entgegen, als sei auf der Messe eigentlich eine Schad-Schau zu bestaunen.

Die Art Karlsruhe also bleibt an jeder Stelle, in jedem Gang, auf jedem Skulpturenplatz eine Veranstaltung, die den einen Schritt nach vorne nicht scheut, aber durch zwei Schritte zurück doch wieder irritiert.

Für alles aber können die auf gute Verkäufe und zahlreiche Kontakte hoffenden 200 Galerien und weitere Aussteller der Art Karlsruhe Ewald Schrade oder die Messe-Geschäftsführung nicht verantwortlich machen. Wenn man schon in Karlsruhe eine reine Kunstakademie aufbieten kann, ist unverständlich, dass man deren Messeauftritt auf einen Es-gibt-uns-auch-Stand reduziert. Selbiges gilt für das Zentrum für Kunst und Medientechnologie und die Hochschule für Gestaltung.

Das Gegenargument, diese Institutionen hätten sich in der Vergangenheit doch umfänglich vorstellen können, ist nicht wirklich eines. Noch eine Sonderschau ist nicht das Ziel, haben doch Kunstakademie, ZKM und HFG den Begriff der Intervention groß auf ihren Fahnen. Dies könnte ein Weg sein, konzeptionell aufhorchen zu lassen – und damit in der Folge auch das Galerienprofil zu schärfen. Nicht, um die erste Reihe neu auszurichten, sehr wohl aber, um auf den Plätzen nicht den Eindruck zu erwecken, matten Stellvertreter-Werken für die Investition in ein Sieht-doch-aus-wie überreichlich Raum zu geben.

Zurück aber in das Zentrum der Hallen zwei und drei – und zurück damit in das heitere Dennoch. Darin verläuft man sich gerne auch einmal – was wiederum eines der wesentlichen Argumente für diese Kunstmesse, für die Art Karlsruhe ist. Die Ausgangsposition ist einfach zu gut, als dass man sie wirklich aufgeben wollte und sollte.