Ausgerechnet der Antisemitismusbeauftragte Michael Blume soll ein Antisemit sein, behauptet das Simon-Wiesenthal-Zentrum. Ist es einem rechten Troll aufgesessen?
Stuttgart - Die Attacke des Simon-Wiesenthal-Zentrums (SWC) gegen den baden-württembergischen Antisemitismusbeauftragten Michael Blume (CDU) hat landesweit Empörung ausgelöst. Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Baden nannten die Aufnahme Blumes auf die SWC-Liste der weltweit schlimmsten Antisemiten „ungeheuerlich“. Der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erklärte, die Vorwürfe seien „nicht nachvollziehbar und höchst befremdlich“.
Das in Los Angeles angesiedelte, nach dem Nazijäger Simon Wiesenthal benannte Institut wirft Blume vor, antiisraelische Twitter-Accounts gelikt und Beiträge weiterverbreitet zu haben. Auch befürworte Blume die Partnerschaft der Stadt Freiburg mit der iranischen Stadt Isfahan. Blume verteidigte sich und twitterte dazu: „Einige der Vorwürfe des sogenannten SWC halten nicht einmal einer oberflächlichen Überprüfung stand.“ Er sehe sich seit Jahren und vor allem seit seinem Amtsantritt 2018 den Kampagnen rechtsextremer Internet-Trolle ausgesetzt.
Nicht alles an der Liste ist falsch
Der Zentralrat der Juden in Deutschland nannte die Anschuldigungen des SWC auf Twitter „absurd“. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, erklärte, er schätze „die Arbeit, die Herr Blume im Kampf gegen den Antisemitismus leistet, uneingeschränkt“.
Die Liste des SWC sei „in ihrer Mischung aus völlig Richtigem, sehr Fragwürdigem bis völlig Falschem ein Problem für einen effektiven Kampf gegen den Antisemitismus in unserer Gesellschaft“, warnte der Grünen-Politiker Volker Beck, bis 2017 Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe im Bundestag. Völlig zu Recht prangere das 1977 gegründete Zentrum nämlich auch dokumentierte Missstände beim Auslandssender Deutsche Welle an.
Der Troll schreibt schon wieder
„Es ist völlig unverständlich, warum sich das SWC offenbar so irrig beraten lässt“, sagte der Vorsitzende der Werteinitiative jüdisch-deutsche Positionen, Elio Adler. Die Spur führt zu einem Journalisten der „Jerusalem Post“, auf dessen „Recherchen“ sich das SWC augenscheinlich stützt und der im rechtsextremen Milieu der USA, Israels und Deutschlands gut vernetzt scheint. So hatten in Deutschland rechte Online-Portale schon über Blumes Nennung berichtet, als die Liste in den USA noch gar nicht vorgestellt war.
Seit Jahren bombardiert der Mann Blume mit vorverurteilenden Anfragen. Seine jüngste Mail mit Triumph-Unterton, die wie immer ungefragt an einen dreistelligen Adressatenkreis aus Politik, Medien und Kultur verteilt wurde, verschickte er in der Nacht zum Mittwoch: „Shalom Michael Blume. Das Simon Wiesenthal Zentrum sagt, dass Du ein Antisemit bist. Bist Du ein Antisemit? Ich arbeite an einem Kommentar zu der Top-Ten-Liste. Meine Frist ist am Freitag.“