Sowohl die Landesregierung als auch israelische Glaubensgemeinschaften stellen sich hinter Blume (Archivbild). Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Innenminister Thomas Strobl stellen sich hinter Baden-Württembergs Antisemitismusbeauftragten Michael Blume. Dieser wurde vom Wiesenthal-Zentrum auf eine „Antisemiten-Liste“ gesetzt.

Stuttgart - Ausgerechnet der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume steht auf der neuen und weltweiten „Antisemiten-Liste“ des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Los Angeles - zum blanken Entsetzen nicht nur der baden-württembergischen Landesregierung, sondern auch der jüdischen Gemeinden. Von Politik und Religionsgemeinschaften erhielt der Religionswissenschaftler am Mittwoch breite Rückendeckung. Unklar blieb zunächst, auf welche Quellen sich das Simon-Wiesenthal-Zentrum (SWC) in Los Angeles bei seiner Kritik an Blume bezieht.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann verteidigte Blume am Mittwoch: „Es gibt keinen Grund, an der Integrität unseres Antisemitismusbeauftragten Michael Blume zu zweifeln“, sagte er auf Anfrage. Der Experte habe in den vergangenen Jahren einen wertvollen Beitrag im Kampf gegen Antisemitismus und Judenhass geleistet und genieße bei den Israelitischen Religionsgemeinschaften höchste Reputation. Die SWC-Vorwürfe nannte der Grünen-Politiker „nicht nachvollziehbar und höchst befremdlich“. Es sei auch fraglich, ob ein solches Ranking helfe, die gesellschaftliche Spaltung und den Antisemitismus zu überwinden.

Thomas Strobl verteidigt Michael Blume

Rückendeckung erhielt der Landesbeauftragte auch von Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). Blume sei ein top-engagierter, herausragender Antisemitismusbeauftragter. „Ich kann mir für diese Aufgabe keine bessere Person vorstellen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Auch Kretschmann und Strobl finden sich im SWC-Bericht wieder: Das Zentrum kritisiert darin, beide Landespolitiker hätten Blume „unerklärlicherweise (...) erlaubt (...), sich weiter an diesen antisemitischen und anti-israelischen Aktivitäten in den sozialen Medien zu beteiligen“.

Die Israelitischen Religionsgemeinschaften (IRG) in Baden-Württemberg reagierten ebenfalls mit Unverständnis auf das SWC. „Einen Brückenbauer zwischen Baden-Württemberg und Israel auf eine gemeinsame Liste mit Feinden Israels zu setzen ist ungeheuerlich“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Das SWC habe in Sachen Antisemitismusbekämpfung mit den in Baden-Württemberg lebenden Juden weder kooperiert noch sei es sonst bislang konkret in Erscheinung getreten.

SWC begründet Liste mit Likes und geteilten Beiträgen

Blume dankte den jüdischen Gemeinden über Twitter „für ganz viel Solidarität“. „Die jüdischen Landesgemeinden waren wunderbar klar“, schrieb er. Es gehe ihm gut, twitterte der 45-Jährige zudem über seinen privaten Account. Als Antisemitismusbeauftragter des Landes ist Blume der Ansprechpartner für jüdische Gruppen, aber auch für Moscheegemeinden, Bildungseinrichtungen und Kommunen. Der Religionswissenschaftler hatte bei seinem Amtsantritt im Jahr 2018 betont, er wolle der Judenfeindlichkeit im Südwesten ein Ende bereiten.

Das SWC hatte die Aufnahme Blumes auf die umstrittenen Liste unter anderem damit begründet, dass dieser seit 2019 anti-jüdische, anti-israelische und konspirative Twitter-Accounts gelikt und Beiträge weiterverbreitet habe. Um welche Posts und welche Accounts es sich genau handelte, schrieb die Organisation nicht. Angeführt wird die Liste, die am Dienstag vorgestellt wurde, vom Iran, von der Hisbollah und dem britischen Sender BBC.

Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern

An der Liste gab es allerdings schon in der Vergangenheit Kritik. So hatte das Wiesenthal-Zentrum 2019 den deutschen UN-Botschafter Christoph Heusgen auf seiner Liste genannt. Der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, nahm den Diplomaten daraufhin in Schutz und sagte: Solche „wirklich völlig unangebrachten“ Vorwürfe würden die Diskussion nur erschweren.

Das 1977 gegründete Zentrum mit Hauptsitz in Los Angeles ist mit der weltweiten Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern bekannt geworden. Es bemüht sich aber auch um die Förderung von Toleranz und kämpft in aller Welt gegen Rassismus, Antisemitismus, Terrorismus und Völkermord.