Die Lobbyorganisation „Campact“ organisiert immer wieder politische Aktionen in Berlin wie hier vor dem Kanzleramt gegen die Kohle. Foto: dpa

Die linke Lobbyorganisation Campact gerät immer mehr ins Fadenkreuz – auch von Datenschützern. Bis 18. September muss sie ihren Internetauftritt ändern.

Berlin - Bei vielen TTIP-Kritikern war die Empörung groß, als die Stuttgarter Nachrichten die Methoden von Campact in einem Artikel hinterfragt haben. Inzwischen gerät die Organisation auch immer stärker in das Fadenkreuz von Datenschützern. Die niedersächsische Landesbeauftragte für den Datenschutz hat in einem Schreiben an Campact Rechtsverstöße gerügt und verlangt „eine datenschutzkonforme Umsetzung Ihrer Internetseite“ bis zum kommenden Freitag.

Damit ist das Geschäftsmodell von Campact – bei der Organisation laufen die Fäden für den Widerstand gegen das Freihandelsabkommen TTIP zusammen – bedroht. Campact hat in den vergangenen zehn Jahren mit Petitionen im Netz etwa 1,7 Millionen E-Mailadressen gesammelt und benutzt zumindest einen Großteil davon für politische Kampagnen.

Freitag letzter Woche ging ein Schreiben der Landesbehörde für den Datenschutz Niedersachsen an Campact in Verden an der Aller. Der Inhalt des Schreiben ist für die Campact-Vorstände unangenehm. Die Behörde bemängelt, dass Campact gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoße. Es wird der Organisation vorgeworfen, dass sie rechtswidrig mit Daten umgehe, die ihnen Sympathisanten bei der Unterzeichnung von Resolutionen im Netz anvertrauen. Die Behörde hält es für nicht zulässig, dass Campact E-Mailadressen, die bei einer Kampagne gesammelt wurden, für weitere Kampagnen nutzt. Im Schreiben der Datenschutz-Behörde heißt es: Die von Campact angewandte Praxis „widerspricht dem Zweckbindungsgrundsatz“.

„Ihr Info-Angebot ist als Werbung zu verstehen“

Als Ohrfeige müssen die „Campact“-Leute vor allem eine Passage des Schreibens der Behörde aus Hannover verstehen: Da heißt es im Hinblick auf die Campact-Resolutionen gegen TTIP, gegen Fremdenhass oder gegen Kohleverstromung, die im Internet geclickt werden sollen: „Ihr Info-Angebot ist als Werbung zu verstehen.“ Und weiter: Die „Verarbeitung dieser Daten für Zwecke der Werbung“ sei nur dann zulässig, wenn die Betreiber der Seite zuvor ausdrücklich die Erlaubnis der Nutzer eingeholt hätten. Werbung? Die Campact-Truppe macht doch stets deutlich, dass es ihr nicht um Kommerz, sondern um politische Überzeugungsarbeit gehe.

Unangenehm für Campact könnte zudem noch eine routinemäßige Untersuchung sein, die die niedersächsische Behörde nun darüber hinaus eingeleitet hat. Campact muss bis Ende September nachweisen, dass der Umgang der Daten in der Organisation rechtskonform abläuft. Verlangt wird etwa der Nachweis, dass die Mitarbeiter mit Zugriff auf die personenbezogenen Daten sich in schriftlicher Form zur Einhaltung des Daten-Geheimnisses verpflichtet haben.

Inzwischen gibt es zudem erste Hinweise darauf, dass Campact E-Mail-Adressen weiter gibt. Ein Nutzer, der am Freitag auf der Campact-Seite die Resolution „Schluss mit dem Hass“ angeklickt und dafür seine Mailadresse angegeben hat, bekam unaufgefordert nur wenige Minuten später per Mail die Aufforderung einer weiteren Organisation mit Sitz in San Francisco, sich an einer Internet-Petition zu beteiligen.

Campact erklärt, nichts mit der Sache zu tun zu haben

Campact erklärt auf Nachfrage unserer Zeitung, nichts mit der Sache zu tun zu haben. „Campact gibt grundsätzlich keine personenbezogenen Daten an Dritte weiter“, heißt es in einer Stellungnahme. Schon gar nicht verdiene Campact Geld mit dem Handel von Daten. Campact könne sich auch nicht erklären, warum diese Mail einer ganz ähnlich arbeitenden Organisation aus den USA im Postfach gelandet sei. Vielleicht habe jemand unbefugt die betreffende Mailadresse eingegeben.

Schon möglich, das wäre dann allerdings ein sehr großer Zufall.