Blick in die Felger-Ausstellung in Mössingen Foto: Lutzeyer

Zum 80. Geburtstag des Textildesigners und Künstlers Andreas Felger spinnt eine Retrospektive in Mössingen den Faden von seinen Stoffmusterentwürfen für die Pausa AG zu den freien Arbeiten des Malers, Grafikers und Bildhauers.

Stuttgart - Kunstwerke können Zeichen setzen. Das gilt auch für die neue Skulptur, die der in Mössingen-Belsen geborene Künstler Andreas Felger seiner Heimatstadt im Jahr seines 80. Geburtstages zum Geschenk macht. Mit seinen spiegelbildlich angeordneten Doppelpfeilern aus blau lackiertem Holz würdigt er im öffentlichen Raum seinen ehemaligen Arbeitgeber, die Textildruckfirma Pausa.

Für das mittlerweile städtische Pausa-Quartier hat er zwei Buchstaben erschaffen – zwei Pes: das eine schaut zurück auf erfolgreiche Jahrzehnte, das andere ist in die Zukunft gerichtet. Auch dabei geht es ums Erinnern. „Ich möchte anregen, auf dem Firmengelände eine Musterdruckerei einzurichten, damit die Öffentlichkeit nachvollziehen kann, wie der manuelle Stoffsiebdruck vor sich ging“, sagte Felger bei der Enthüllung seiner Skulptur.

15-jährig begann Felger bei der Pausa AG eine Lehre als Musterzeichner. Die Textildruckfirma arbeitete mit Künstlern wie Willi Baumeister, HAP Grieshaber und Designern wie Verner Panton zusammen, begriff Gestaltung stets als Auseinandersetzung mit der Ästhetik der Gegenwart. Zahlreiche im manuellen Siebdruck hergestellte Vorhang- und Bezugsstoffe der Mössinger Firma verblüffen durch avantgardistische Muster und Motive.

Häufig beziehen sich Felgers Werke auf eine sakrale Welt

Eine ganze Menge der farbenfrohen und innovativen Dessins im sorgsam gepflegten Firmen-Archiv stammen von Andreas Felger. Nach seiner Lehre und schon während seines anschließenden Kunststudiums in München war er 26 Jahre als Textildesigner für das Mössinger Unternehmen tätig. Parallel dazu machte er sich als freier Künstler einen Namen.

Für die Eingangshalle des Stuttgarter Bethesda-Krankenhauses etwa schuf Felger ein an Arbeiten von Friedensreich Hundertwasser erinnerndes Holzrelief zum Thema Wasser. Den Christus-Pavillon der Expo 2000 gestaltete er nach dessen Umzug von Hannover ins Kloster Volkenroda neu aus. Ob Glasfenster, Bibelillustrationen oder Bildzyklen – häufig beziehen sich Felgers Werke auf eine sakrale Welt.

Die Mössinger Ausstellung beleuchtet die Anfänge und die stofflichen Seite seines Schaffens

Die Mössinger Ausstellung „Werk.Stoff: Andreas Felger – Das Textile in der Kunst“ beleuchtet nun die Anfänge und jene Seite seines Schaffens, das die Impulse weniger sichtbar aus dem Spirituellen schöpft, vielmehr aus dem Stofflichen.

In der denkmalgeschützten Tonnenhalle des Pausa-Quartiers hat die in Berlin sitzende Andreas-Felger-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Stadt Mössingen einen 50 Meter langen Drucktisch mit Felgers Musterentwürfen aus mehreren Jahrzehnten gedeckt.

Die Pastelltöne der 1950er Jahre, die bewegten Linien der 1960er Jahre, der exotische Reiz fremder Kulturen und Einflüsse der Graffiti-Kultur – mit jedem Schritt des Betrachters ziehen die sich wandelnden Muster- und Farbvorlieben ihrer Zeit vorbei. Sie prägten die Alltagskultur ganzer Generationen.

Bei der Farbwahl verlässt er sich ganz auf sein Gefühl

An Stellwänden und an Schnüren hängend sind die freien Arbeiten präsentiert, vertreten durch gerahmte Aquarelle, großformatige Ölgemälde, aber auch durch Holzschnitte, Skulpturen und bedruckte Stoffe, die man auch berühren darf. Dass Felger bei seiner Kunst dort ansetzen konnte, wo er als Textildesigner mit großer Freiheit beim Entwerfen angekommen war, ist offensichtlich. Farben und Formen verlagern sich auf ein größeres Format, stehen nun für sich selbst.

Doch immer wieder findet der Pinsel zurück zu textilen Strukturen, imitiert durch Lineamente und Farbstreifen das Auf und Ab von Webmustern, das Zusammentreffen und Auseinandergehen von Fadenverläufen. An den Konturen unscharfe Farbfelder lassen an gefärbte und gebatikte Textilgründe denken, Farbüberschneidungen an Stoffdrucke.

Augenfällig ist die Vorliebe für den Zusammenklang leuchtender Spektralfarben in allen Nuancierungen: ob flächig, linear, transparent oder opak. Ihre kontrastreiche Anordnung kommt einem Weckruf an die Wahrnehmung gleich. Einem Farbkonzept folgt der Künstler dabei nicht. Der eigenen Aussage nach verlässt er sich bei der Wahl der Farben ganz auf sein Gefühl. Und das ist von langjähriger Erfahrung geprägt.