Inspirieren lassen und probieren können: Die Alte Kelter Fellbach bot zwei Tage lang viele Genussmomente. Foto: Gottfried Stoppel

Nach coronabedingter Zwangspause kehrt die zweitägige Messe „Tisch & Tafel“ in die Alte Kelter von Fellbach zurück. Mehr als 100 Aussteller warten mit Kulinarischem und Praktischem fürs Heim auf. Die Besucher freuen sich aber auch über etwas anderes.

Petrus scheint ein Fan der Messe „Tisch & Tafel“ zu sein – er leitete die Besucher am Wochenende in Massen in die Alte Kelter nach Fellbach. Draußen schneite es bei niedrigen Temperaturen, drinnen hatten gut 100 Aussteller ihre Stände reich bestückt. Coronapandemie und Lockdowns scheinen der Fantasie nicht abträglich gewesen zu sein, im Gegenteil.

Jeder Stand ist auf seine Art etwas Besonderes, die Produkte zu den Themen Essen, Trinken, Wohnen und Einrichtung sind originell. Nichts kommt von der Stange, vieles hat Tradition und ist hochwertiges Handwerk. Die Lust auf Leichtfüßigkeit, auf Präsenz und natürlich aufs Probieren prägt die beiden Messetage. Die Besucher bringen Zeit mit, aber auch auffallend viel Freude am Einkaufen. „Das hat sich jetzt gelohnt, dass wir gekommen sind“, sagen zwei Freundinnen beim Verlassen der Kelter. Sie haben einige Tragetüten im Arm und warten auf den Bus, der sie zurück nach Stuttgart bringt.

Genuss trifft auf Lifestyle

„Das Wetter ist für uns natürlich ideal“, sagt Luca Salvatore, er hat zusammen mit seiner Partnerin Maria-Elena Strauß die Messe „Tisch & Tafel“ 2015 ins Leben gerufen. Strauß kommt aus der Messebranche. Salvatore hat Wurzeln in Süditalien. Beide haben das Talent und den Wunsch, Menschen dort abzuholen, wo sich Genuss mit Lifestyle paart, wo mit regionalen Produkten nicht nur Genuss verbunden ist, sondern auch eine besondere Geschichte und das Auge angesprochen wird. Sie selbst sind mit ihrem Stand „Luca&Elena“ präsent und bieten kalt gepresstes Olivenöl aus Apulien an. Die Olivenhaine sind Familienbesitz von Salvatores Familie.

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Von Südtirol und Potsdam über die Alb bis ins heimische Remstal reicht der Radius der Aussteller. Nach pandemiebedingter Pause seien am Wochenende „alle Erwartungen übertroffen“ worden. „So einen gut besuchten Samstag hatten wir seit 2017 nicht mehr“, sagt Luca Salvatore. Und am Sonntag freuten sich Besucher zudem über die Lockerungen in Sachen Corona: Nur noch geschätzt 60 Prozent waren mit Maske da, alle anderen verzichteten beim Schlendern durch die Messe darauf. Das macht das Versuchen etwa bei Edda Leu leichter, die an ihrem Stand „Alte Tante“ azurblauen Eierlikör kredenzt. Sie kommt von der Halbinsel Höri am Bodensee, das Rezept für den Likör ist von ihrer „alten Tante Käthe“. Lebensmittelfarbe beizumischen war indes die Idee von Edda Leu. Was eine Gewürzmühle aus hochwertigen Holzarten und die handwerkliche Kunst eines Zahnarztes miteinander zu tun haben, ist am Stand von Guido Kohl zu erfahren. Der Potsdamer erzählt bei seiner Premiere bei „Tisch & Tafel“, dass ihn sein Zahnarzt darauf gebracht habe, ein Keramik-Scheibenmahlwerk in die Mühlen einzubauen. Lediglich 3000 werden in der kleinen Mühlenwerkstatt pro Jahr von Hand gefertigt. Für jede Mühle braucht es 86 Arbeitsschritte und 15 Einzelteile.

Wo Kuhglocken von der Alm erklingen

Holz ist ein beliebtes Material, man begegnet ihm oft auf der Messe, etwa in Form von Schneidebrettern mit eingelassenen farbigen Schichten, aber auch bei Kleinmöbeln oder gleich am Eingang der Kelter, am Stand „Büro für Gestaltung“ von Ulf Seydell. Er hat „Klangstellen“ aus Holz dabei, wo durch einen eingebauten Bewegungsmelder Geräusche abgerufen werden. Es erklingen Kuhglocken von der Alm, man hört begeisterte Stimmen aus dem Fußballstadion oder das Rauschen des Meeres. Darauf sei er in einem Lockdown gekommen, „als wir auf all diese Dinge verzichten mussten“. Die Erfindung der Klangbox gibt es freilich schon länger, auch die von Messerblocks. Ulf Seydell aus Wiesbaden füllt seine jedoch mit dünnen Schaschlik-Stäben.

Praktisches oder Bekanntes mit Neugier und Erfindungsgeist verbinden, das ist der Schlüssel für viele Aussteller auf der Messe. Auch für Kerstin Krüger. Hinter ihrem Label „Mademoiselle Kokou“ verbirgt sich Hochprozentiges aus Kokosnuss. Das 40-prozentige Destillat wird aus grünen, thailändischen Kokosnüssen in einer Brennerei im Saarland „in kleinen Mengen“ hergestellt. Vor neun Monaten ging die gelernte Produktdesignerin aus Stuttgart damit an den Markt, in Fellbach hatte sie jetzt ihren ersten Messeauftritt und viele Interessenten an ihrem Stand. Die wollten nicht nur die Story von „Madame Kokou“ und ihrer Bar an der Côte d’azur aus den 1920er Jahren hören, sondern auch den „Handcraftet Coconut Spirit Kokou“ verkosten.

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Kulinarik und außergewöhnliche Genussmomente sind der wohl wichtigste Teil der Messe – Craftbier und Wein aus der Region, Gin, Whisky, Edelbrände, Limoncello, Rum und anderes zählen dazu, Käse von der Alb nebst Köstlichkeiten aus Italien, Kaffee, Schokolade und Pralinen aus kleinen Manufakturen, dazu Tee aus seltenen Kräutern.

Alexander Keck aus der Nähe von Günzburg hat mit Produkten rund um den Trüffel schon an der ersten Ausgabe von „Tisch & Tafel“ teilgenommen. Groß ist der Andrang am Stand der „Ersten Trüffelmanufaktur“ Deutschlands. Neben Traditionellem wie Trüffelbutter bekam man dort auch Trüffelhonig angeboten, den Keck mit frischen Erdbeeren probieren ließ. „Wir machen lauter schräge Sachen mit Trüffel“, sagte er und bediente die nächste Stammkundin – die sich freute, „dass endlich wieder Messe ist“.