Lob für John Patrick: „Er macht aus Fingern eine Faust“, sagt Berlins Manager. Foto: Baumann

Marco Baldi hat für Ludwigsburg und Berlin gespielt, die am Sonntag (15 Uhr) im Top-Spiel der Basketball-Bundesliga aufeinander treffen. Und als Manager nur Lob für den Gegner übrig: „Sie machen das Optimum aus ihren Möglichkeiten.“

Berlin - Wer hätte das gedacht: Das Spitzenspiel in der Basketball-Bundesliga zum Abschluss der Hinrunde am Sonntag (15 Uhr) lautet Ludwigsburg gegen Berlin. Darüber wundert sich auch Berlins Geschäftsführer Marco Baldi.

Herr Baldi, hätten Sie vor der Saison gedacht, dass das Spitzenspiel zum Abschluss der Hinserie Ludwigsburg gegen Alba heißt?
Das hätte ich mir so nicht ausgemalt – für beide übrigens nicht. Wir haben uns vor drei Jahren neu aufgestellt, was die Positionierung in der Bundesliga angeht. Weil wir anerkennen müssen, dass wir mit den zwei Reichen – Bayern und Bamberg – finanziell aktuell nicht mithalten können. Deshalb suchen wir gute, aber vor allem auch entwicklungsfähige Spieler und werden die besser machen. Aber das ist bei 95 Prozent der Clubs in der Sportwelt gang und gäbe. Selbst Borussia Dortmund, obwohl die, glaube ich, Nummer zwölf der Umsatzweltrangliste sind, gibt Jahr für Jahr seine stärksten Spieler ab. Wir haben 1200 bis 1300 aktive Spieler im Verein, mit Abstand die meisten in Deutschland, wir haben personell und infrastrukturell die Voraussetzungen für Ausbildung geschaffen und so ein Fundament, auf das wir bauen können.
Und was macht Ludwigsburg so stark?
Ich habe großen Respekt, wie konstant der Club agiert und was Trainer John Patrick Jahr für Jahr für Resultate hinbekommt und dabei seinem Stil treu bleibt, auch wenn er immer mal wieder kritisiert wird, weil er oft Spieler austauscht oder keine Spieler entwickelt. Aber er holt aus den gegebenen Möglichkeiten das Optimum heraus. Und in dieser Saison kommt noch etwas dazu: Spielqualität. Bestes Beispiel ist Thomas Walkup, der nicht nur athletisch sehr stark ist und immer an seine Grenzen geht, sondern auch spielerisch Akzente setzen kann. Deshalb steht Ludwigsburg völlig zurecht da oben.
Wie lange noch?
Ich habe vor längerer Zeit das Spiel gegen Bamberg gesehen, da hieß es: Wartet ab bis regelmäßig starke Gegner kommen. Die sind gekommen und Ludwigsburg ist immer noch oben. Patrick hat einen klaren Plan – und die Spieler nehmen ihn an. Deshalb spielt jeder extrem ungern gegen sie, auch weil man ihre außergewöhnliche Intensität und Härte in der Spielvorbereitung nur schwer simulieren kann. Sie werden oben bleiben, daran zweifle ich nicht.

Patrick baut homogene Mannschaft

Wenn Sie Thomas Walkup nennen, der vom College direkt in die Bundesliga kam: Sind solche Spieler denn in Fachkreisen bekannt oder kommen die aus dem Nichts?
Aus dem Nichts kommt heute kein Spieler mehr. Man kennt solche Spieler natürlich. Die Frage ist nur: Wie bewerte ich sie im Gesamtsystem. Und da hat John Patrick ein sehr gutes Gefühl dafür, wie er eine homogene Mannschaft bildet – wie er aus Fingern eine Faust formt. Das ist schon eine große Leistung, gerade weil auch Ludwigsburg in zwei Wettbewerben spielt.
Apropos zwei Wettbewerbe, das ist ja ein Dauerthema im europäischen Basketball. Ludwigsburg spielt in der Champions League, die von der Fiba organisiert wird, Alba im Eurocup unter Regie der Euroleague. Warum?
Wir sind jetzt 27 Jahre international dabei und wir wollen unseren anspruchsvollen Fans den besten und stärksten Wettbewerb anbieten, der möglich ist – das ist für uns eben der Eurocup, auch wenn in der Champions League ebenfalls guter Sport geboten wird. Aber die Gesamtdiskussion würde hier zu weit führen. Nur so viel: Wir spielen ja für die Zuschauer und Interessierten und die müssen nachvollziehen können, welcher internationale Wettbewerb was bedeutet. Das ist im Moment nicht eindeutig – und deshalb ein Unding, was schnellstens gelöst werden muss.
Sie haben vor der Saison den Spanier Aito Garcia Reneses als Trainer verpflichtet. Wie sind Sie auf ihn gekommen, der mit 70 Jahren erstmals ins Ausland gegangen ist?
Er ist eine Koryphäe des europäischen Basketballs, in Spanien wird er auf der Straße von jedem erkannt. Die Frage war eigentlich: Kann er sich vorstellen, bei uns zu arbeiten. Aito passt perfekt zu unserer Positionierung und das hat er, Gott sei Dank, auch so gesehen. Er ist ein Spieler-Entwickler auf allerhöchstem Niveau, der dabei aber auch immer den Spagat geschafft hat, gleichzeitig Ergebnisse zu liefern, was fast der Quadratur des Kreises gleichkommt. Er ist ein Grandseigneur, aber auch ein Wettkämpfer. Ein toller Mensch, der übrigens nicht nur Basketball im Kopf hat. Unser gesamtes Programm, unter anderem mit über 100 Jugendtrainern, bekommt mit ihm einen Qualitätsschub. Das ist der Tabelle nicht abzulesen, für die Entwicklung unseres Clubs aber sehr wichtig.