Amena Karimyan will ihren Astronomie-Schülerinnen die Teilnahme an der Olympiade ermöglichen. Foto: Ines Rude/l

Sieben Mitglieder der afghanischen astronomischen Vereinigung Kayhana haben sich für die Astronomie-Olympiade in Polen qualifiziert. Amena Karimyan, die Gründerin der Gruppe, sammelt von Sindelfingen aus Spenden für die Reise – mit Unterstützung der Stuttgarter Sternwarte.

Amena Karimyan ist geübt darin, mit ihrem unerschütterlichen Willen unwahrscheinliche Begebenheiten nicht nur zu initiieren, sondern tatsächlich durchzusetzen: Im Spätsommer 2021 flüchtete die Bauingenieurin und leidenschaftliche Hobby-Astronomin auf abenteuerlichen Wegen aus Afghanistan über Pakistan nach Deutschland. Die von ihr mitbegründete einzige astronomische Vereinigung Afghanistans, Kayhana – was so viel wie kleines Universum heißt –, existiere jedoch auch nach ihrer Flucht weiter, sagt die 26-Jährige die inzwischen in Sindelfingen-Darmsheim eine kleine Wohnung bezogen hat. Und die Existenz einer Gruppe von Schülern und vor allem Schülerinnen, die nun laut ihrer Gründerin versuchen, sich per Online-Unterricht Kenntnisse über die Sterne anzueignen, fordert erneut die ganze Willenskraft von Amena Karimyan.

Denn sieben Mitglieder ihrer astronomischen Vereinigung Kayhana haben sich qualifiziert – und zwar für die Internationale Astronomie-Olympiade, die vom 10. August an in Polen stattfindet. Von diesem – für Amena Karimyan eigentlich erfreulichen – Umstand wurde unsere Redaktion zunächst von der Stuttgarter Sternwarte in Kenntnis gesetzt. Amena Karimyan, die jede Sternwarte in Deutschland besuchen möchte, hat bereits durch das Teleskop auf der Uhlandshöhe geblickt, und offenbar war man wechselseitig voneinander beeindruckt: „Die Ziele, die sie verfolgt, sind ähnlich den ursprünglichen Gedanken, die schließlich zum Bau der Sternwarte Stuttgart geführt haben“, teilt Andreas Eberle, der Vorsitzende der Sternwarte Stuttgart mit. „Die Freude an der Astronomie weiterzugeben, verbindet Sternfreunde weltweit.“

Zur Not will die Astronomin campen

Den afghanischen Mitgliedern ihrer astronomischen Vereinigung diese weltweite Verbindung zu ermöglichen, stellt für Amena Karimyan indes eine riesige Herausforderung dar: Zwar ist sie überzeugt davon, mit der Einladung zur Astronomie-Olympiade rechtzeitig polnische Visa für die jungen Astronominnen und Astronomen erhalten zu können. Sie zweifelt auch nicht am Sinn der geplanten Reise: „Afghanistan braucht Astronomie mehr als Wasser“, sagt Amena Karimyan. Doch Menschen, die sich mit den Sternen beschäftigen, würden sich in ihrer Heimat „fremd“ fühlen. Aber der astronomischen Vereinigung Kayhana fehlt es an Geld für die Reise nach Polen. Zwar tragen die Veranstalter der Astronomie-Olympiade die Kosten vor Ort in Polen, aber die Anreise der jungen Astronominnen und Astronomen ist teuer und von ihnen selbst zu finanzieren.

Deshalb wirbt Amena Karimyan, die sich auf ihrem Twitter-Account mit Astonautenhelm präsentiert, über das soziale Medium für eine Reisekosten-Spendensammlung auf der Online-Plattform gofundme. „Ihre Mission ist es, afghanische Jugendliche, insbesondere junge Frauen, im Bereich der Astronomie zu inspirieren und auszubilden“, heißt es dort unter der Überschrift „Help Afghan Astronomer Girls to reach Olympic Stars“. Vom Spendenziel 10 300 Euro seien inzwischen 8000 Euro eingeworben. Sollten mehr als 10 300 Euro zusammenkommen, würde der Überschuss dafür verwendet werden, Kayhanas Aktivitäten aufrecht zu erhalten.

Falls es knapp werden sollte, vertraut Amena Karimyan erneut auf ihre starke Willenskraft: „Ich denke sogar darüber nach, hier zu campen und afghanisches Essen zu kochen, wenn ich das Geld nicht zusammenbekomme.“