Maximilian Krah ist höchst umstritten. Foto: AFP/RONNY HARTMANN

In Magdeburg entscheidet sich die AfD für ihren Spitzenkandidaten für die Europawahl. Maximilian Krah verkörpert den neuen Kurs der Partei – und ist höchst umstritten.

Eigentlich soll Maximilian Krah nur einmal kurz „Ja“ sagen. Aber er muss noch mehr loswerden, als er auf die Bühne kommt. Krah, ein großer Mann mit gescheiteltem Haar, beugt sich über das Rednerpult. „Ich bin natürlich unglaublich glücklich“, sagt Krah und strahlt. „Wenn man jeden Tag mit Dreck beworfen wird…“ Er macht eine Kunstpause. „Ihr wisst nicht, wie gut es tut, Freunde zu haben.“

Am Samstag hat die AfD Maximilian Krah zu ihrem Spitzenkandidaten für die Europawahl im Juni 2024 gemacht. Krah kommt aus Sachsen, ist Mitglied des AfD-Bundesvorstands und sitzt seit 2019 im Europaparlament. Gut 65 Prozent der Delegierten gaben ihm ihre Stimme – ein klarer Sieg. Die AfD setzt damit den Kurs fort, den sie seit einem Jahr klar eingeschlagen hat: rechts, nach weit außen – und zwar geschlossen.

Ein Kraftakt

Seit Freitag sitzen die 600 Delegierten der AfD in Magdeburg zusammen. Erst hielten sie dort ihren Bundesparteitag ab, am Samstag hat die Partei dann ihre Europawahlversammlung begonnen, die auch am kommenden Wochenende fortgesetzt wird. Die AfD will ihre Kandidaten aufstellen und das Programm für Europawahl im Juni 2024 beschließen. 30 Listenplätze müssen dafür besetzt werden. Das dürfte ein Kraftakt werden. In Magdeburg ist man auf lange Sitzungstage und -nächte eingestellt.

Deshalb hatte Bundessprecher Tino Chrupalla die Delegierten schon am Freitag zu „Einigkeit und Harmonie“ aufgerufen – was in der AfD nicht selbstverständlich ist. Die vergangenen Jahre hatten sich die verschiedenen Lager in der Partei bekämpft. Doch seit dem Parteitag in Riesa im Juni 2022 haben sich diejenigen durchgesetzt, die der Partei einen offen rechten Kurs geben wollen. Sie haben das rechtsextreme Lager um den Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke hinter sich. Und inzwischen zeigt sich: Offen rechts zu sein, hat der AfD nicht geschadet. Sie ist erfolgreicher denn je.

Der neue Typ der AfD

Diesen neuen Kurs verkörpert Maximilian Krah perfekt. Er ist ein freundlicher Mann, der elegant gekleidet und höflich lächelnd extreme Positionen vertritt. Und er ist ein geübter Redner. Er weiß genau, wann er eine Pause einlegen muss, weil der Beifall zu laut ist. Und das passiert oft. „Überall wird einem gesagt: Man muss sich anpassen“, ruft Krah bei seiner Vorstellungsrede ins Mikrofon. Doch die AfD wolle keine neue Werteunion sein. Viele Delegierte stehen auf, um Krah zu applaudieren, sie jubeln und klatschen ihm rhythmisch zu.

Was man in Magdeburg fast vergessen könnte: Krah ist höchst umstritten. Im Europaparlament ist er aktuell von seiner Fraktion suspendiert – wegen Betrugsvorwürfen. Er selbst sagt dazu: „Eine Schmutzkampagne.“ Es ist schon das zweite Mal, dass die Fraktion ihn freigestellt, auch im vergangenen Jahr musste er ein halbes Jahr aussetzen. Ihm wurde vorgeworfen, im französischen Präsidentschaftswahlkampf nicht Marine Le Pen aus seiner eigenen Fraktion, sondern deren noch rechtsextremeren Gegenkandidaten Éric Zemmour unterstützt zu haben.

„Ein redaktionelles Versehen“

Über die EU sagt Krah, dass man sie durchaus brauche, aber anders als jetzt. Man müsse sie neu aufzusetzen. Wie die AfD zur EU steht, ist in der Partei offenbar nicht abschließend geklärt. Das zeigte sich schon vor der Wahlversammlung. Die Bundesprogrammkommission der Partei hatte einen Leitantrag vorbereitet, in dem sie festhielt: „Wir streben daher die geordnete Auflösung der EU an.“ Doch kurze Zeit später reichte die Kommission einen Antrag ein, um den Satz wieder zu streichen. Es habe sich um „ein redaktionelles Versehen“ gehandelt. Doch dass solch ein Fehler niemandem auffällt, ist schwer vorstellbar.

Unter den Teilnehmern in Magdeburg ist auch Robert Sesselmann, der vor einigen Wochen zum Landrat des thüringischen Landeskreises Sonneberg gewählt wurde – als erster hauptamtlicher AfD-Politiker. In Magdeburg wird Sesselmann, ein unauffälliger Mann, den vor wenigen Wochen kaum ein Mensch kannte, wie ein Star gefeiert. Fleißig gibt er Autogramme auf die Wahlplakate, die sein Gesicht zeigen. „Wir wollen ganz Deutschland zu einem großen Sonneberg machen“, ruft Krah, als er vorn am Rednerpult steht. „Damit wir das schaffen, müssen wir den Kurs halten, den wir letztes Jahr in Riesa begonnen habe.“ Und das heißt: weiter nach rechts außen.