Aus Angst vor dem Rechtspopulismus agiert die Politik ohne Sinn und Verstand. Ein Beleg dafür ist der Fall des nach Togo abgeschobenen Unterensinger Hausmeisters, findet unser Autor Martin Mezger.
Vor der AfD haben sie die Hosen gestrichen voll, von der CDU-Fraktion im Esslinger Gemeinderat bis zum Kanzler. Den Esslinger Christdemokraten ist schon die symbolische „Seebrücke“ für Flüchtlinge zu viel, sodass sie den Austritt der Stadt aus dem Bündnis fordern. Der Sozialdemokrat Scholz wiederum gibt die Parole „Schneller abschieben“ aus. Was dabei herauskommt, zeigt der Fall des Unterensinger Hausmeisters: Ein unbescholtener 40-Jähriger, der nützliche Arbeit leistet, niemandem und auch keiner Sozialkasse zur Last fällt, wird einer behördlichen Maßnahme unterzogen, die einem Kidnapping gleicht. Wenn das rechtmäßig ist – woran kein Zweifel besteht –, stimmt etwas mit dem Recht nicht. Die demoskopisch verifizierte Stimmung zeugt derzeit freilich von einem Problembewusstsein ganz besonderer Art. Klimakatastrophe? Militarisierung der internationalen Politik? Halb so schlimm. Aber die Migration! Der böse Fremde! Doch hinterhereilender Gehorsam gegenüber dem erfolgreichen Agenda-Setting von Rechtsaußen führt gemeinhin zur Stärkung des Originals, also der AfD. Umgekehrt muss man vor lauter Panikreflex die migrantische Welt nicht in Multikulti-Rosa färben. Ja, es gibt böse Fremde: Leute, die hierher kommen, um Straftaten zu begehen. Es gibt die „Einwanderung in die Sozialsysteme“, von der die Rechten so gern schwadronieren. Aber Migration hat viele Gesichter. Eines davon zeichnen die vielen Menschen, die vorankommen wollen und dafür Jobs annehmen, nach denen sich niemand die Finger leckt. Ohne sie würden Industrie, Infrastruktur und Gesundheitswesen in den wohlhabenden Ländern kollabieren. Von wem wollen sich denn die rechtspopulistischen Märchenonkel und -tanten samt ihrer Wählerschaft später mal den Hintern wischen lassen? Auf „biodeutsches“ Pflegepersonal können sie warten, bis nicht mal mehr der Arzt kommt.