Es fehlt an Unterstützung aus dem eigenen Lager: Klimaaktivisten auf dem Weg zum Schlossplatz. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Etwa 25 Demonstranten für ein „Klima der Gerechtigkeit“ finden kaum Gehör und Aufmerksamkeit. Den Grund vermutet ein Mitglied der BUND Jugend in der großen Konkurrenz. „An diesem Samstag sind 19 Demos in Stuttgart.“

Es ist heiß! Verdammt heiß! Der Marienplatz hat die Hitze des Tages wie ein Schwamm aufgesaugt und gibt sie gegen halb vier wie eine Herdplatte ab. Das ist nicht außergewöhnlich. Alle Steinwüsten der Stadt, ob Markt-, Pariser- oder Karlsplatz, sind an solchen Tagen kein Wohlfühlort. Und doch harrt dort ein Grüppchen Unentwegter tapfer aus. Gegen vier Uhr mögen es rund 25 junge Leute gewesen sein, die sich genau aus diesem heißen Grund zusammengefunden haben: Sie protestieren gegen die Politik, die der Klimakrise nicht entschieden genug entgegentritt, wie ein Redner der Bewegung Fridays for Future sagt: „Während wir sehen, wie alles brennt, machen die Politiker praktisch nichts.“ Weiter sagt er: „Sie sehen, wie Menschen wegen der Klimakrise sterben, aber es werden nur kleine Schritte, also so gut wie nichts getan.“ Gemeint sind nicht nur Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) oder Finanzminister Christian Lindner (FDP), der die Erderwärmung am liebsten mit technischem Fortschritt in den Griff bekommen will. Auch die Grünen Robert Habeck (Bundesminister für Wirtschaft und Energie), Annalena Baerbock (Außenministerin) und Ministerpräsident Winfried Kretschmann werden der fahrlässigen Untätigkeit bezichtigt.

Die Demo muss auf dem Gehweg bleiben

Gut gebrüllt, Löwe, mag der eine oder andere Aktivist der BUND Jugend und Anhänger der Freitagsdemo gedacht haben. Aber wen juckt’s an diesem Tag? Am Marienplatz fast keinen, wenn man von den etwa 25 Demonstranten absieht. Auch auf dem Weg über die Tübinger Straße hin zum Schlossplatz nimmt kaum einer Notiz von den Kämpfern für Klimagerechtigkeit. Der Grund: Weil die Demo nicht die Teilnehmerzahl von 50 erreicht, muss der Zug auf dem Gehweg bleiben. Die Straße ist tabu. Und auch auf dem Trottoir machen sich die jungen Leute kaum bemerkbar. Die zarten Rufe „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft raubt“, gehen im Straßenlärm unter. Viel mehr Aufsehen erregen die vier eskortierenden Einsatzfahrzeuge der Polizei.

Die Konkurrenz ist groß

Warum nur so wenige an diesem Nachmittag mitmarschieren, kann sich eine Sprecherin der BUND Jugend auch nicht richtig erklären. Ist es das Freibadwetter? Sie zuckt mit den Schultern: „An diesem Tag sind insgesamt 19 Demonstrationen in Stuttgart gemeldet.“

In diesem Fall gilt die alte Formel, wonach die Konkurrenz das Geschäft belebt, ganz und gar nicht. Erst recht nicht auf dem Schlossplatz, wo die Kundgebung hätte stattfinden sollen. Wer sich hier, zwischen Akrobaten, Musikern und Passanten, Gehör und Aufmerksamkeit verschaffen will, braucht eine Bühne und das große Akustikbesteck. Beides haben die jungen Leute nicht. So bleiben ihre Forderungen sowie der Ärger über die herrschende Politikerkaste zwar für die breite Masse unausgesprochen, aber umso gültiger: „Wir brauchen einen Systemwandel. Wenn wir so weitermachen, können wir die Klimakrise nicht mehr aufhalten.“ Und dann seien eben die Menschen aus dem globalen Süden mehr betroffen, als die „Superreichen“ des Nordens: „Die werden von der Krise nicht getroffen“, ärgert sich ein Aktivist der Freitagsbewegung, „die können sich mit ihrem Geld schützen, alle anderen aber nicht.“ Und daher sei im Kampf gegen die Klimakrise eben auch ein Klima der Gerechtigkeit wichtig.