Der Stein des Anstoßes Nahe dem Wasserkraftwerk in Pleidelsheim sind 50 Bäume radikal abgeholzt worden. Foto: Werner Kuhnle

Das Gremium übt massiv Kritik am Vorgehen von Verwaltung und den Planern beim Thema Biotopverbundplanung. Dennoch stimmt es weiteren Schritten zu.

Ordentlich Kritik hagelte am Donnerstagabend in der Sitzung des Gemeinderats auf die Verwaltung sowie die Vertreter vom Institut für Naturschutz und Fachplanungen (INA) sowie des Landschaftserhaltungsverbandes (LEV) nieder – was am Ende zu einer mehr als eineinhalbstündigen Diskussion und vielen Rechtfertigungen führte. Denn das Vorgehen beim Thema Biotopverbundplanung schmeckt dem Gremium so gar nicht. Vor allem, dass ein Projekt bereits umgesetzt wurde, bevor der Gemeinderat die Planungen überhaupt in Papierform auf dem Tisch liegen hatte. Rund 50 Bäume waren nahe dem Wasserkraftwerk in Pleidelsheim gefällt worden. Ein Eingriff, der bei großen Teilen der Fraktionen nur Kopfschütteln und Groll auslöste.

Einstieg in das Ökologiekonzept sei richtig daneben gegangen

„Dieser Einstieg in das Ökologiekonzept ist richtig schiefgegangen“, sagte Christel Staudenmaier von der WIR-Fraktion. „Das soll unser Vorzeigebeispiel sein? Das versteht der normale Mensch nicht, nachdem man immer wieder gesagt hat: Pflanzt Sträucher und Hecken. Und wir machen jetzt eine riesen Fläche einfach nieder“, schimpfte sie. Auch über die Kommunikation seitens der Verwaltung echauffierte sie sich maßlos.

„Die Beteiligung ist wirklich ganz schlecht gelaufen. Wir haben im Dezember eine Powerpoint-Präsentation bekommen und dann war Ende. Ich hätte mir gewünscht, dass wir dieses Papier früher bekommen. Man muss bedenken: Wir bekommen es drei Monate später, nachdem das Projekt gelaufen ist. Das geht überhaupt nicht. Das finde ich einen ganz schlechten Umgang.“ Dem pflichtete Albrecht Reuther bei, der ebenfalls der unabhängigen Wählervereinigung „WIR-Bürger für Pleidelsheim“ angehört, die auch die Initiatoren eines Ökologiekonzeptes ist, welches sich für die Bewahrung und Förderung der Biodiversität vor Ort einsetzt.

Räte hätten die Planungen gerne früher auf dem Tisch gehabt

„Man saß im Dezember zusammen und hat gesagt, man muss über alles noch einmal reden und jetzt wurde diese Aktion gefahren, ohne dass der Gemeinderat auch nur irgendeinen Kommentar dazu abgeben konnte. Die Biotopverbundplanung ist im Januar entwickelt worden, und wir haben es erst nach der Rodung bekommen, das gefällt mir überhaupt nicht. Das ist viel zu spät“, sagte er. Für ihn sei das Grundstück „vergewaltigt worden“. Und das, obwohl dort bereits ein Lebensraum für Tiere bestanden habe. „Das was wir jetzt vernichtet haben, ist sicher. Was sich im Gegenzug vielleicht einmal dort ansiedelt, wissen wir noch nicht. Das ist für mich ein absolutes Negativbeispiel eines Projekts. Und es ist brutal, wie radikal das stattgefunden hat“, erklärte er weiter.

Ulrike Bender (OGL) und Frank Breuer (CDU) schlossen sich dem Reigen an und monierten das Vorgehen der Verwaltung. Breuer unterstrich zudem die Aussage von Christel Staudenmaier: „Die Leute sind schockiert, weil man ihnen eingetrichtert hat, dass Hecken gepflanzt werden sollen. Und jetzt machen wir genau das Gegenteil. Das versteht keiner.“ Nach den Ausführungen und zahlreichen Erklärungsversuchen der Planer ergänzte er aber auch: „Das Konzept leuchtet mir jetzt ein.“

Ziel der Planungen ist es, eine höhere Artenvielfalt herzustellen

Ziel des Konzepts ist es, die Biodiversität auf der Gemarkung zu erhöhen. „Wir wollen eine größere Artenvielfalt“, sagte Andreas Fallert, Geschäftsführer des LEV. Dies bedeute dann aber eben auch, Abwägungsentscheidungen zu treffen. Man müsse sich dabei überlegen, welche Zielarten man fördern wolle. Die Biotopverbundplanung sehe vor, sich auf gefährdete Arten zu konzentrieren – und eben nicht auf solche, die es quasi noch zu Hauf gebe und die mit manchen Begebenheiten auch leichter zurechtkommen. Dass der ein oder andere Eingriff dabei brutal wirke, sei verständlich, aber die Maßnahmen gerechtfertigt. Im Falle des besagten Geländes könne man davon ausgehen, dass „die Artenvielfalt jetzt schon um 30 bis 40 Prozent zugenommen haben müsste“, sagte Fallert. Er sah sich jedoch dennoch weiterhin der Kritik von Christel Staudenmaier ausgesetzt. „Im nicht-öffentlichen Teil im Dezember habe ich gesagt, dass die Planung unterirdisch ist, denn das, was wir in den 20 Minuten davor bei der Präsentation gehört hatten war: Streuobstwiesen, Streuobstwiesen, Streuobstwiesen.“ Sie wolle mehr Vorschläge, mehr Vielfalt.

Bürgermeister nimmt die Diskussion positiv auf und Anregungen mit

Das sowie alle Kritik will Bürgermeister Ralf Trettner mit in die weiteren Planungen nehmen. Nachdem er den Disput meist still verfolgte, machte er am Ende klar: „Sie bezeichnen es als schlechtes Handeln der Verwaltung. Aber man kann es auch so sehen: Wenn jedes Mal bei einem schlechten Verwaltungshandeln etwas so Produktives herausspringt und dies zu so einer konstruktiven Diskussion führt, dann machen wir gerne noch ein paar mehr Fehler.“

Bis Herbst soll nun eine grobe Kostenschätzung der geplanten Projekte erstellt werden, außerdem sollen die Maßnahmen mit der unteren Naturschutzbehörde abgestimmt werden. Des Weiteren sollen die Öffentlichkeit und die Landwirte mit einbezogen werden. Im Herbst sollen dann erste Maßnahmen beschlossen werden – diesem Plan stimmt das Gremium einstimmig zu.

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