Paradedisziplin Pauschenpferd: WTG-Kapitän Philipp Lutz stieß 2018 von der SV Böblingen zur WTG Heckengäu. Foto: Andreas Gorr

Die Turner der WTG Heckengäu verabschieden sich an diesem Samstag in Renningen im Wettkampf mit dem TSV Monheim aus der Liga. Kapitän Philipp Lutz und seine Kollegen sind deswegen aber nicht todunglücklich.

Du hast keine Chance, also nutze sie! Eigentlich eine blöde Aussage, weil sie einen blanken Widerspruch transportiert. Aber im Sport wird dieses geflügelte Wort gerne benutzt, wenn einer damit ausdrücken möchte, dass man keinesfalls aufgeben soll, auch wenn die Hoffnung auf einen Erfolg noch so klein sein mag. Philipp Lutz kennt den Spruch, aber über die Lippen würde er ihm nicht kommen vor dem Wettkampf der WTG Heckengäu an diesem Samstag (18 Uhr) in der Renninger Rankbach-Sporthalle gegen den TSV Monheim. „Der Abstieg ist nicht mehr zu verhindern“, sagt der Kapitän der Gemeinschaftsriege. Punkt.

 

Die WTG hat keine Chance mehr, zumindest nicht auf sportlichem Weg. Die Mannschaft ist punktloses Schlusslicht, der Vorletzte TV Bühl hat zwei Zähler auf dem Konto – doch bei Punktgleichheit zählt der direkte Vergleich, weshalb die WTG selbst bei einem Sieg über Monheim nicht mehr am Liga-Neuling vorbeiziehen könnte. Abgesehen davon: Gegen den feststehenden Meister aus Monheim ist ein Sieg so unwahrscheinlich wie die Gefahr, in der Antarktis von einem Eisbären gefressen zu werden. „Nachdem wir gegen Bühl verloren haben“, sagt Philipp Lutz, „mussten wir uns darauf einstellen, dass wir absteigen werden.“

Die 31:39-Niederlage steckten die WTG-Turner bereits am 30. September ein, weshalb der Sturz in die dritte Liga nicht mehr ganz so schmerzt wie ein kapitaler Sturz vom Reck. „Wir haben es sportlich genommen und uns gesagt: Wir wollen in jedem Wettkampf unsere beste Leistung bieten“, erzählt Lutz, „egal, wenn am Ende dabei wieder eine klare Niederlage rauskommt.“

Nach dieser Maxime sind die Modellathleten der Riege dann auch aufgetreten, die Anhänger und Kunstturn-Freude aus dem Heckengäu und Umgebung haben diese Einstellung goutiert und trotz der sportlichen Malaise die Ränge bei den Heimwettkämpfen weitgehend besetzt. Auch an diesem Samstag dürften die Rankbachhalle wieder gut gefüllt sein, wenn die Turner ihre Finissage in der zweiten Liga Süd an den sechs Geräten begehen. „Die Stimmung war immer sehr gut, selbst wenn wir chancenlos waren“, sagt der 24 Jahre alte WTG-Kapitän, „die anderen Mannschaften haben die Atmosphäre bei uns gelobt.“

Verzicht auf teure ausländische Turner

Der Abstieg war vor dem Saisonstart durchaus einkalkuliert gewesen. Bereits in der vergangenen Runde waren die WTG-Athleten nur dank einer glücklichen Fügung mit einem Sieg am Grünen Tisch den Fängen des Abstiegsgespenstes entronnen. Nun hat es sie erwischt. Eine Ursache: Die WTG verzichtete auf den Einkauf von starken ausländischen Gastturnern, was in der zweiten Liga nicht unüblich ist. Die Kosten für Anreise, Hotel und Einsatzprämie, die pro Wettkampf vierstellig werden können, wollten die Verantwortlichen der Gemeinschaftsriege der Vereine VfL Herrenberg, TSV Gärtringen, SpVgg Renningen und SV Leonberg/Eltingen nicht aufbringen. „Ohne diese Verstärkung wird es schwierig, beständig in der Liga zu bleiben“, betont Philipp Lutz, „denn hier besteht bereits ein beachtlich hohes Niveau.“

Der Spezialist am Pauschenpferd stieß 2018 von der SV Böblingen zur WTG, als diese noch in der Oberliga startete und Jahr für Jahr einen Aufschwung turnte bis in Liga zwei. Seitdem hat sich das Gesicht der Riege kaum verändert. Mit Lutz zählen Nick Ackermann, Niccolo und Lovis Spiess, Manu Tschur, Jan Griesmeier sowie der schon länger am Rücken verletzte Adrian Dudev zur Turnertruppe. Die Riege will ihren Fans nun eine Abschiedsgala präsentieren, jeder möchte „noch einmal zeigen, was er kann“, sagt Philipp Lutz, „wir möchten alle gemeinsam noch einen schönen Abend in Zweitliga-Ambiente erleben.“

Riege freut sich auf die dritte Liga

Todunglücklich ist der Vorturner ob des Abschieds allerdings nicht. Die regelmäßig erwarteten Niederlagen nagen am Ego eines Sportlers, wenngleich er immer wieder an den Geräten sein Bestes gibt. Doch Niederlagen sind nicht der Stoff, der einen Athleten antreibt, das gilt nicht nur für Philipp Lutz. „Wir freuen uns auf die dritte Liga, weil wir dann endlich auch wieder um den Sieg turnen können“, sagt der Student der Elektrotechnik an der dualen Hochschule Stuttgart.

Die Riege wird auch nächste Saison aus den aktuellen Protagonisten bestehen, der direkte Wiederaufstieg Mannschaft ist weder eine offizielle Vorgabe noch ein heimlicher gehegter Plan. „Es wird sich zeigen, ob wir gut genug für den Aufstieg sind“, sagt Philipp Lutz. Das ist Zukunftsmusik, zunächst wollen sich die Turner der WTG Heckengäu mit Pauken, Trompeten und starken Übungen aus der Liga verabschieden.