Die meterlangen Weidenruten haben die Jugendlichen zu Bündeln verschnürt. Foto: Gottfried Stoppel

Jugendliche des Berufsbildungswerks Waiblingen haben beim Bürgerzentrum in Waiblingen einen Pavillon und einen Pilz aus Weidenruten und Kokosschnüren konstruiert. Jetzt heißt es warten, bis es grünt.

Waiblingen - Die Weide gilt seit jeher als hilfreiches Mittel gegen Fieber und Schmerzen. Die heilsame Wirkung der Pflanze kann Bernhard Schieber aus eigener Erfahrung bestätigen. „Seit wir an unserem Weidenprojekt arbeiten, ist keiner meiner Schüler mehr krank“, sagt Schieber und schmunzelt.

Gemeinsam mit seiner Kollegin Inge Mittelbach unterrichtet er an der Johannes-Landenberger-Schule des Berufsbildungswerks Waiblingen (BBW) Jugendliche in sogenannten VAB-Klassen, die Schülern ohne Abschluss zur Ausbildungsreife verhelfen und ihren Einstieg ins Berufsleben erleichtern sollen.

Um seine Schüler zu motivieren, hat Bernhard Schieber vor Jahren eine Projektwerkstatt gegründet, in deren Rahmen er und die Jugendlichen bereits einiges auf die Beine gestellt haben, wie der Lehrer erzählt: „Wir haben schon Blockhütten gebaut, einen Klettersaurier für einen Spielplatz konstruiert und einen fahrbaren Lehmbackofen gemacht.“ Es sei immer wieder erstaunlich, zu welcher Hochform Leute, die sonst wenig auf die Reihe bekämen, bei solchen Projekten auflaufen, berichtet Bernhard Schieber.

Meterlange Weidenruten als Baustoff

Was er mit seiner derzeitigen Klasse ausgeheckt hat, das können Spaziergänger nun in Waiblingen sehen: In unmittelbarer Nachbarschaft zur Brühlwiese beim Bürgerzentrum haben die sechs BBW-Schüler, unterstützt von zwölf angehenden Arbeitserziehern der Ludwig-Schleich-Akademie, einen begehbaren Pavillon aus Weidenruten aufgebaut. Rund 250 neun bis zehn Meter lange, etwa fünf Zentimeter starke Weidenruten sowie weitere 250 Zweige mit einer Länge von sechs Metern sind in dem Rundpavillon verbaut. „Ich konnte mir am Anfang gar nichts darunter vorstellen, aber es macht Spaß und so etwas macht man nicht jeden Tag“, sagt der 16-jährige Jamen über das Weidenprojekt.

Zunächst mussten die Bauherren Material beschaffen. „Wir haben die Weidenruten im Januar und Februar in einem Gebiet zwischen Korb und Kleinheppach mit einem Hänger geholt“, erzählt Bernhard Schieber. Im Berufsbildungswerk haben die Jugendlichen die Seitentriebe abgeschnitten, sie haben Skizzen erstellt und errechnet, wie viele Ruten sie benötigen. Danach haben sie Stahlrohre vorbereitet, die als Grundgerüst dienen.

Metallrohre sorgen für die richtige Form

„Die Rohre braucht es nur zur Formgebung, nicht für die Stabilität“, betont Bernhard Schieber, der in den vergangenen Jahren bei etlichen Weidenkonstruktionen Hand angelegt hat. Mit dem Architekten Marcel Kalberer, einem Experten für das Bauen mit Naturmaterialien, hat er sogar ganze Weidenkathedralen und Weidenschlösser erstellt. Machbar ist mit diesem ganz besonderen, lebenden Baustoff alles, was rund und halbrund ist. Neben dem Pavillon in bewährter Bauweise haben die Weidenarchitekten versuchsweise erstmals ein pilzförmiges Objekt aufgebaut – mal sehen, was daraus wird.

Bis Mitte April müssen die speziellen Bauwerke spätestens konstruiert und in den Boden gepflanzt sein, dann treiben sie aus. Für den Pavillon an der Waiblinger Brühlwiese haben die sechs Jugendlichen und ihre erwachsenen Helfer die Weidenruten zu dicken Strängen gebündelt, um die Metallrohre drapiert und zunächst mit Spanngurten fixiert. Keine leichte Aufgabe, sagt Bernhard Schieber, „aber mit etwas Übung geht es schon.“ Statt Nägeln kommen beim Weidenbau speziell geknotete Kokosschnüre und Spinnfaserseile zum Einsatz. Die Enden der gebündelten und verschnürten Ruten werden in rund 80 Zentimeter tiefen Löchern eingebuddelt und dann kräftig gewässert, damit sie Wurzeln bilden, austreiben und ein grünes Dach entsteht. Der Standort in direkter Nachbarschaft zum Wasser sei ideal, sagt Bernhard Schieber, denn: „Die Weide gedeiht nur mit Licht und Feuchtigkeit.“ Insofern hofft er auf einen nicht zu heißen Sommer, denn: „Wenn das Wetter wie im letzten Jahr ist, dann wird es kritisch.“