Ölmodule fürs Auto: Die Automobilzulieferer geraten zunehmend unter Druck. Jährliche Preisabschläge von zwei bis drei Prozent sind in der Branche üblich Foto: dpa

Die Automobilzulieferer geraten zunehmend unter Druck. Einerseits müssen sie verstärkt ihre Kosten senken, andererseits in den wachsenden Schwellenländern investieren, um näher an der Produktion ihrer Kunden zu sein.

Stuttgart - „Kunde droht mit Auftrag. Was seid ihr Beschäftigte bereit zu geben?“ Mit solchen Forderungen sehen sich etliche Betriebsräte konfrontiert, denn ohne Beitrag der Beschäftigten seien die Kosten nicht darstellbar, argumentiert das Gros der Manager. „Das wird in der Branche noch mehr durchschlagen“, befürchtet Uwe Schwarte, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Mahle. Der Stuttgarter Autozulieferer, der von der Belegschaft teils massive Zugeständnisse fordert, die auch in den Flächentarifvertrag eingreifen, verhandelt schon seit Monaten – bislang ohne Ergebnis.

„Die Verhandlungen sind erst einmal ausgesetzt“, sagt Schwarte. Der Beschluss des Mahle-Managements, das Lager in Schwäbisch Hall mit knapp 90 Mitarbeitern zu schließen, hat die Arbeitnehmervertreter Anfang des Monats aus heiterem Himmel getroffen und mächtig vergrätzt. Sie drängen auf Beschäftigungssicherungsverträge an allen Standorten.

Sparbetrag der Mitarbeiter bei Marquardt summiert sich auf zwölf Millionen Euro

Beim Autozulieferer Marquardt in Rietheim-Weilheim (Kreis Tuttlingen) dagegen ist „die Kuh vom Eis“. Noch im Juni drohte der Abbau von bis zu 600 der 2300 Jobs innerhalb der nächsten zwei Jahre, jetzt sind die Arbeitsplätze an den Standorten Rietheim und Böttingen bis 2020 gesichert. Der Sparbeitrag der Beschäftigten summiert sich unterm Strich auf zwölf Millionen Euro. „Die Leute haben den Druck gespürt“, sagt der zuständige IG-Metaller Walter Wadehn,

„Das Thema Kostensenkung hat deutlich zugenommen“, stellt auch Bosch-Gesamtbetriebsratsvorsitzender Alfred Löckle fest und nennt dafür drei wesentliche Gründe. Standorte gerieten unter Druck, weil bestehende Aufträge auslaufen und keine neuen in Sicht seien. Bei Neuaufträgen würden Zugeständnisse von der Belegschaft erwartet.

Jährliche Preisabschläge von zwei, drei Prozent sind üblich

Der Kostendruck der Autohersteller ist hoch, jährliche Preisabschläge von zwei bis drei Prozent sind in der Branche üblich. Auch mit Angeboten von neuen Lieferanten aus China, die teils 30 Prozent günstiger seien, setzten die Einkäufer der Autobauer ihre Zulieferer unter Druck, sagt der Stuttgarter Unternehmensberater und Branchenkenner Hans-Andreas Fein. Ein Druckmittel, auch wenn es unwahrscheinlich sei, dass ein chinesischer Zulieferer nach Europa liefere. Die Produktion einfacher Komponenten, die unter Preisdruck stehen, werden laut Fein verstärkt ins Ausland verlagert. In deutschen Werken laufen anspruchsvollere Produkte an. Zulieferer, die dies aktiv betrieben und auf Innovationen in den Inlandswerken setzten, könnten sich neue Märkte erschließen, ist Fein zuversichtlich. Er spricht von Leitwerken im Inland, die sich auf Neuanläufe spezialisierten.

Ob das immer gelingt, steht auf einem anderen Blatt. Einer Studie von Boston Consulting zufolge steckt die Zulieferbranche im Dilemma zwischen Kostensenkungen und Produktionsverlagerungen. Einerseits müssen die Unternehmen ihre Kosten stärker als bisher senken, andererseits müssen sie in mehr Werke in schnell wachsenden Schwellenländern investieren, um näher an den Fabriken ihrer Kunden zu sein. „Die Verlagerung von Produktionsstätten und Leitwerken wird sich besonders in der europäischen Autozulieferbranche gravierend auswirken“, so Manfred Beck, einer der Studienautoren. Für Deutschland würde das bedeuten, dass 35 000 der derzeit rund 290 000 Beschäftigten in den Automobilzulieferfirmen von Werkschließungen betroffen sein könnten.

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