Nicht nur die Klinik selbst ist angejahrt. Die Bauten in ihrer Umgebung sollen ebenfalls saniert werden – oder gleich abgerissen. Foto: factum/Weise

Die Ansammlung von Missständen rund um die Herrenberger Klinik soll sich zum Vorzeigeprojekt wandeln. Auf gut sechs Hektar Fläche könnte ein neues Stadtquartier entstehen – nicht nur für die ärztliche Versorgung.

Herrenberg - Derzeit hängt alles noch am Helikopter. Neben dem Eingang des Herrenberger Krankenhauses landet im Notfall der Rettungshubschrauber in einem rot markierten Kreis. Der Landeplatz soll auf das Dach der Klinik verlegt werden. Verweigern die Behörden – bis hinauf zum Bundesverkehrsministerium in Berlin – die Genehmigung, ist die Planvariante 4a Vergangenheit. Sie wäre der Idealfall für die Klinik und seine Umgebung, so sehen es jedenfalls alle Beteiligten.

Erarbeitet hat diesen Plan, nebst diverser anderer Varianten, das Tübinger Büro Hähnig, Gemmeke. Sofern sich 4a verwirklichen lässt, könnte rund um das angejahrte Krankenhaus am Rande der Stadt Herrenberg „ein schönes, innerstädtische Quartier entstehen“, sagt Mathias Hähnig, einer der Unternehmenschefs. Voraussetzung dafür ist eben die Fläche, die bisher für den Helikopter freibleiben muss – unter anderem. Insgesamt ist das Planungsgebiet etwa so groß wie sechs Fußballfelder.

Mancher Bau in der Nachbarschaft ist maroder als die Klinik selbst

Das Krankenhaus selbst ist im Jahr 1982 eröffnet worden. Der Kreistag hat seine Sanierung beschlossen, die rund 40 Millionen Euro kostet. Mancher Bau in der Nachbarschaft ist allerdings in wesentlich schlechterem Zustand. Dies gilt vor allem für den Vorgänger der Klinik, das alte Krankenhaus. In ihm therapieren Mediziner im Auftrag des Vereins Fortis Süchtige und psychisch Kranke, auch stationär. Allein die Landesheimbauverordnung, eine Gesetzesnovelle, erzwingt einen umfassenden Umbau – eigentlich bereits zum 1. September. Dieser Termin wird nicht einzuhalten sein. Das Haus ist ein Denkmal. „Es besteht akuter Handlungsbedarf.“ So formuliert es der Landrat Roland Bernhard.

Der Landkreis ist Eigentümer des gesamten Geländes rund um das Herrenberger Krankenhaus samt der darauf stehenden Bauten, und der akute Handlungsbedarf besteht für viele von ihnen. Allein die Sanierung eines Wohnheims mit 170 Wohnungen für das medizinische Personal ist auf knapp 14 Millionen Euro kalkuliert. Die der Klinik zugeordnete Rettungswache des Deutschen Roten Kreuzes gilt ebenfalls als veraltet, allein schon, weil sie für heutige Verhältnisse zu klein ist. Gleiches gilt – nebenbei – auch für den Klinik-Parkplatz. Auf ihm sind ebenfalls Neubauten vorgesehen, unter anderem ein Parkhaus.

Zumindest gedanklich ist auch ein Ärztehaus in Planung

Die Ansammlung der Missstände soll in den kommenden Jahren in ein Vorzeigeprojekt verwandelt, das angejahrte Krankenhaus zum Medizin-Campus werden. Altbauten sollen abgerissen werden, in ihren Nachfolgern könnten gleichsam nebenher knapp 250 Wohnungen entstehen, nicht nur für das medizinische Personal, auch für Sozialhilfeempfänger. Zumindest gedanklich ist zudem ein Ärztehaus in Planung, in das ambulante Behandlungen aus der Klinik gleichsam ausgelagert werden könnten. Eine solche Verzahnung entspräche dem Trend im Medizinbetrieb. Ob und wann ein Neubau dafür entsteht, ist allerdings noch vollkommen offen. Bisher sind die Pläne zunächst eher grobe Skizzen. In der nächsten Woche soll der Herrenberger Gemeinderat sie erstmals beraten.

Alles andere als eine Zustimmung wäre aber eine Überraschung. Wegen des Neubaus der Großklinik auf dem Flugfeld zwischen Böblingen und Sindelfingen sagen Skeptiker regelmäßig das Ende der kleinen Krankenhäuser in Herrenberg und vor allem in Leonberg voraus. Die Campus-Pläne „bedeuten eine Sicherung und Stärkung des Standortes“, sagt der Herrenberger Oberbürgermeister Thomas Sprißler, „außerdem schafft der Landkreis auf seinen Grundstücken Wohnungen, das ist ein ganz wichtiger Punkt“.

Im Nebeneffekt könnten die Pläne auch Skeptiker andernorts besänftigen. Zumindest der Landrat hält sie für übertragbar. Die Variante 4 „könnte als Blaupause für Leonberg dienen, ein Stück weit auch für Böblingen und Sindelfingen“.