Von Freitag an in Stuttgart: der Circus Carl Busch mit seiner Elefanten-Show Foto: carl busch

Die linke Mehrheit im Stuttgarter Gemeinderat will ein Wildtierverbot für Zirkusse auf dem Cannstatter Wasen durchsetzen. Zirkusfreunde in Stuttgart haben dagegen Unterschriften gesammelt. Sie werfen den Verbotsgegnern ein ideologisches Denken vor.

Stuttgart - Ende Juli diesen Jahres haben Mitglieder der Fraktionen von Grünen, SPD und SÖS-Linke-PluS einen gemeinsamen Antrag eingebracht, um Wildtier-Aufführungen in Zirkussen auf dem Wasen aus Tierschutzgründen zu verbieten. Die Stadtverwaltung prüft noch, ob und wie das rechtlich möglich ist.

 

Derweil macht die Gesellschaft der Circusfreunde Deutschland (GCD) gegen das Vorhaben mobil: Rund 400 Unterschriften hat die Sektion Stuttgart des Vereins online gesammelt und sie inzwischen dem Rathaus übergeben. Exotische Tiere könnten im Zirkus in gleicher Weise tiergerecht gehalten werden wie in einem Zoo, sagen die Zirkusfreunde. Sie werfen der linken Mehrheit vor, aus rein ideologischen Gründen dem Verbotsantrag eingebracht zu haben, ohne sich mit der tatsächlichen Situation solcher Tiere in modernen Zirkusbetrieben zu beschäftigen. Eine Einladung des Vereins, beim Circus Carl Busch in den nächsten Wochen mal hinter die Kulissen zu blicken, hat bislang nur die Fraktion der Freien Wähler angenommen. Laut dem Verein ist zwar auch die größte Fraktion im Gemeinderat, die CDU, gegen ein solches Wildtierverbot. Auf die Einladung habe sie aber bislang leider nicht reagiert.

Eine tiergerechte Elefanten-Show – geht das?

Auf Unverständnis stößt der Verbotsantrag auch bei den betroffenen Zirkussen. „Wir fänden ein Verbot völlig ungerechtfertigt“, sagt Sven Rindfleisch, Sprecher des Circus Carl Busch. Die Zirkustiere werden seinen Angaben zufolge heute viel besser behandelt als noch vor 20 Jahren. Da habe man – wie die gesamte Gesellschaft – in Sachen Tierschutz dazugelernt.

Laut Programm präsentiert Zirkus-Chef Manuel Wille-Busch Kunststücke mit zwei Elefantendamen, wobei ausdrücklich erwähnt wird, dass diese Präsentation „tiergerecht“ sei. „Tiergerecht bedeutet, dass wir den Elefanten keine extremen Tricks mehr abverlangen wie vielleicht vor 40 Jahren“, sagt Sprecher Rindfleisch. Zum Beispiel wüssten mittlerweile alle, dass es für die Muskulatur und den Körperbau der Elefanten nicht gut sei, wenn die Tiere zwei Minuten lang auf Hinterbeinen im Kreis gehen müssen. „Das macht man heute nicht mehr“, so Rindfleisch.

Veterinäre prüfen die Unterbringung

Auch was den Transport der Tiere und die Unterbringung an den Gastspielorten angeht, sieht Rindfleisch nirgendwo Tierquälerei. Die tiergerechte Unterbringung auf dem Wasen zum Beispiel werde regelmäßig von amtlichen Veterinären überprüft. Beanstandungen habe es nie gegeben.

Sollte die linke Mehrheit dennoch ein Wildtierverbot durchsetzen, rechnet Zirkus-Sprecher Rindfleisch mit rechtlichen Auseinandersetzungen. „Stuttgart ist eine gute Zirkus-Stadt, wo viele Zirkusse gastieren“, sagt er. „Da gehe ich fast davon aus, dass irgendeiner aus der Branche klagen würde.“ Nach Ansicht der Zirkusse dürfen Kommunen nämlich solche Wildtierverbote gar nicht verhängen. „Tierschutz ist Bundesangelegenheit“, sagt er. „Eine Stadt kann auch nicht einfach Hühnerfarmen auf ihrem Gebiet verbieten.“ In einigen Kommunen, in denen ein Wildtierverbot diskutiert worden sei, habe deshalb das zuständige Rechtsamt nach Überprüfung der Rechtslage von einem solchen Vorhaben abgeraten. Nach Rindfleischs Darstellung könnte die Stadt nur Zirkusse generell auf dem Wasen verbieten – durch eine Umwidmung der Platznutzung. Die Stadt selbst will sich dazu nicht äußern. Man prüfe noch, heißt es.

Weltweihnachtscircus in Holland schon ohne Wildtiere

Auch der Weltweihnachtscircus, der von 8. Dezember an rund vier Wochen lang auf dem Wasen gastiert, wäre von dem Verbot berührt. Dieses Jahr zum Beispiel hat der Zirkus eine Nummer mit Zebras, Lamas und Kamelen im Programm – allesamt Tiere, die nach Ansicht der linken Mehrheit nicht in den Zirkus gehören. Allerdings hat der Weltweihnachtscircus – im Unterschied zu anderen Zirkussen – mit der Stadt einen längerfristigen Vertrag. Die genaue Laufzeit ist nicht bekannt, aber bestehende Verträge sollen von dem Verbot nicht berührt sein.

Gleichwohl stellt man sich beim Weltweihnachtscircus darauf ein, dass das Verbot kommt. Gut fände man das zwar nicht, sagt Arnulf Woock, Sprecher des Stuttgarter Concertbüros Music Circus, das als Partner vor Ort die Veranstaltung vermarktet. Schließlich gehörten Ziere für viele Besucher zum Zirkus dazu. „Es ist nicht so, dass die Leute aus Protest aus dem Zelt gehen, wenn es eine Löwennummer gibt“, sagt Woock. Der Zirkus werde im Falle eines Verbots aber vermutlich nicht seine Zelte auf dem Wasen abbrechen. „Das ist ja eine Stuttgarter Institution.“

Der Weltweihnachtscircus reagiert auch deshalb relativ gelassen, weil die verantwortliche Firma (Stardust) ihren Sitz in Holland hat. Und dort gebe es seit geraumer Zeit bereits ein landesweites Wildtierverbot in Zirkussen, sagt Woock. Da die Firma Stardust auch in Holland einen Weltweihnachtscircus veranstaltet, dürfte es ihr nicht schwer fallen, auch ihr Programm in Stuttgart entsprechend anzupassen.

Verbotsantrag wurde abgekupfert von Peta

Laut dem Aktionsbündnis „Tiere gehören in den Circus“ hat die linke Mehrheit ihren Verbotsantrag von der Tierschutzorganisation Peta abgekupfert, die einen entsprechenden Musterantrag im Internet für solche Zwecke bereithält. Selten sei der Einfluss dieser radikalen Tierschützer auf die Politik so offensichtlich geworden wie in Stuttgart, so das Bündnis. Linken-Stadtrat Christoph Ozasek, der den Antrag federführend formuliert hat, nennt den Vorwurf „seltsam“. Der Antrag sei in Zusammenarbeit mit den fachpolitischen Sprechern der drei Fraktionen entstanden, sagt er. „Wir begründen unseren gemeinsamen Antrag mit öffentlich zugänglichen Statistiken und Quellen. Falls eine Tierrechtsinitiative sich auf dieselben Quellen beruft, so ist das für mich und für den Sachverhalt völlig irrelevant.“

Tatsächlich ist der Antrag – bis auf einzelne, Zahlen, Wörter und Sätze – deckungsgleich mit dem Musterantrag von Peta. „Das ist leider so, dass viele eins zu eins die Argumentation von Peta wiedergeben“, sagt Zirkus-Sprecher Rindfleisch. Dabei sei Peta eine „ziemlich radikale Organisation, deren Ziel es letztlich ist, jeglichen Kontakt zwischen Mensch und Tier zu unterbinden. Das sollte man vielleicht etwas vorsichtiger sein.“