Steuererhöhungen, wie sie von SPD und Grünen nach der Bundestagswahl geplant sind, führen aus Sicht von Wirtschaftsexperten nicht zwangsläufig zu mehr Einnahmen in der Staatskasse.

Stuttgart – Steuererhöhungen, wie sie von SPD und Grünen nach der Bundestagswahl geplant sind, führen aus Sicht von Wirtschaftsexperten nicht zwangsläufig zu mehr Einnahmen in der Staatskasse.

„Es ist nicht klar, ob man am Ende mehr zu verteilen hat, denn Steuererhöhungen können das Wachstum senken und zu Ausweichreaktionen führen“, sagte der Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW, der Mannheimer Ökonom Clemens Fuest, in einem Gespräch mit den „Stuttgarter Nachrichten“. SPD und Grüne wollen die Steuern auf Einkommen und Vermögen erhöhen. So soll der Spitzensteuersatz von 42 auf 49 Prozent angehoben werden, die Vermögensteuer wieder eingeführt und Schlupflöcher bei der Erbschaftssteuer gestopft werden.

Der baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) hat für diesen Freitag die Spitzenvertreter der Wirtschaftsverbände im Land zu einem steuerpolitischen Dialog nach Stuttgart eingeladen.

Fuest rät der Politik: „Finger weg von der Vermögensteuer.“ Es sei unmöglich eine gerechte Vermögensteuer zu schaffen, ohne großen Schaden bei den Unternehmen anzurichten. Um die Steuer gerecht auszugestalten, müssten Betriebsvermögen einbezogen sein. „Das hätte massive negative Folgen für die Betriebe, weil die Gesamtsteuerlast steigt und auch in der Krise Substanz besteuert würde“, sagte Fuest. Lasse man allerdings die Betriebsvermögen außen vor, „dann entlässt man den weitaus größten Teil der sehr vermögenden Leute aus der Besteuerung“. Denn Reiche hätten in der Regel erhebliches Betriebsvermögen. Am Ende, so die Befürchtung von Fuest, treffe die Vermögensteuer den erfolgreichen Handwerker, der sich Immobilienvermögen zusammengespart habe: „Mit gerechter Steuerlastverteilung hat das nichts zu tun.“

In der Diskussion um die Erhöhung des Spitzensteuersatzes sieht Fuest „eine Umverteilungsdebatte“. Es sei zwar richtig, dass die Einkommen in Deutschland auseinanderdriften. Doch im Vergleich zu anderen Staaten verlaufe die Entwicklung in Deutschland moderat, auch deshalb „weil wir einen gut funktionierenden Sozialstaat haben“, so der ZEW-Präsident. Das politische Argument, Steuererhöhungen seien der Schuldenbremse geschuldet, die ab 2020 greifen soll, „ist falsch“, sagte Fuest. Ob man Steuern erhöhe oder Ausgaben senke, sei eine politische Entscheidung: „Wer lieber Steuern erhöhen will, sollte den Mut haben, das auch offen zu sagen, und nicht so tun, als gebe es keine Alternative.“