Wenn Wolfgang Grupp in den Helikopter steigt, macht er es sich grundsätzlich ohne Gurt bequem. Das hat viel mit Gottvertrauen zu tun. Aber darf er das überhaupt?
Der allzeit startbereite Hubschrauber auf dem Firmengelände gehört zu Trigema wie der berühmte Werbeaffe, der auf das Fluggerät lackiert ist. Auch nach der zum Jahreswechsel erfolgten offiziellen Übergabe des Textilunternehmens an Frau und Kinder fliegt der Burladinger Firmenpatriarch Wolfgang Grupp senior zu jedem etwas weiter entfernt liegenden Auswärtstermin per Helikopter. In einer TV-Dokumentation, die der SWR zum 82. Geburtstag von Wolfgang Grupp dieser Tage in der Mediathek hochgeladen hat, macht er dazu ein Geständnis: „Ich schnalle mich nie an“, sagt er, als er sich im weißen Ledersitz im Fonds der Maschine niederlässt.
Angst vor einem Absturz hat er nicht. Freimütig erläutert er den Hintergrund, der mit bloßem Leichtsinn wohl nichts zu tun hat: „Ich bin ein bisschen gläubig und sage: Es bestimmt ein anderer, wann ich abzuleben habe.“ Dieser Termin stehe ohnehin schon fest, das ist für den gläubigen Katholiken, der jeden Morgen in seiner Hauskapelle betet, ausgemachte Sache. „Am liebsten wäre es mir, wenn man geboren würde und schon auf dem Rücken der Todestag stehen würde“, sagt Grupp. Das meine er wirklich so. „Dann könnte ich das vorbereiten.“
Das Grab ist schon vorbereitet
Nach wie vor wirkt Grupp agil, eloquent und drahtig. Ganz unvorbereitet ist er auf die viel besagte letzte Reise aber nicht. Schon vor Jahren hat er am westlichen Ende des Burladinger Friedhofs von der Stadt ein 675 Quadratmeter großes Areal gekauft. Es ist mit einer kleinen weißen Mauer und zwei schmiedeeisernen Toren vom restlichen Friedhof abgetrennt. Dort sind vor einer Wand bereits mehrere Grabstätten vorgesehen. Die erste ist mit einer Tafel ausgestattet. In goldfarbenen Buchstaben stehen dort schon der Name und das Geburtsdatum von Wolfgang Grupp. Das Todesdatum fehlt.
Manche halten den Bau für protzig. Grupp selbst findet, dass es sich lediglich um „ein paar Reihengräber inmitten einer Parklandschaft mit Springbrunnen“ handele, wie er einmal erklärte. Im alten Familiengrab am anderen Ende des Friedhofs, wo schon seine Großeltern und Eltern liegen, sei eben kein Platz mehr gewesen. Insofern habe er erweitern müssen, erklärte er 2009 bei einem Auftritt in der „Harald-Schmidt-Show“. „Ich werde selbstverständlich nicht veranlassen, dass mein Großvater ausgegraben wird, damit ich Platz habe.“
Die Behörden sind unschlüssig
Doch zurück zum Helikopter: Herrscht da eine Anschnallpflicht wie im Auto, wo bei Nichtbeachtung 30 Euro fällig sind? In Linienflugzeugen ist es einfach. Da haben die Fluggesellschaften entsprechende Bestimmungen in ihren Beförderungsbedingungen festgeschrieben. Wer sich daran nicht hält, wird nicht mitgenommen. Wenn das Anschnallzeichen leuchtet, wird man sanft darauf hingewiesen, dem nachzukommen.
Bei Privatmaschinen fällt das aus. Im privaten Flugverkehr gibt es aber Bußgelder. Dafür ist das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) in Frankfurt verantwortlich. „Sie werden zum Beispiel verhängt, wenn der Pilot mangelnde Hörbereitschaft zeigt, weil etwa das Funkgerät zu leise gestellt ist“, sagt die Sprecherin der BAF, Kerstin Weber.
Grundsätzlich gehören nach Paragraf 19 der Betriebsordnung für Luftgeräte (LuftBO) Gurte zur Pflichtausstattung eines Flugzeugs. Nur Freiballone sind davon ausgenommen. Alle Sitze müssen mit Gurten ausgestattet sein. Alle zehn Jahre sind sie zu erneuern. Ob man sie aber auch anlegen muss? Grundsätzlich kann das BAF Strafen von bis zu 50 000 Euro verhängen, aber nicht für Verstöße gegen eine Gurtpflicht. Das sei eher eine Frage des Flugbetriebs, „da ist das Luftfahrtbundesamt zuständig“, sagt BAF-Sprecherin Weber. Bei der Behörde in Braunschweig weiß man aber auch nicht so recht. Offenbar wurden bisher kaum Knöllchen gegen Gurtmuffel verhängt. Vermutlich muss auch Grupp nicht mit einem Strafzettel rechnen. Bleibt die Frage: was sagt seine Frau zu seinem Leichtsinn? Aber das dürfen die Eheleute unter sich klären.