Solche Bilder sind in Stuttgart rar. Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Bezahlbarer Wohnraum ist in Stuttgart knapp. Dennoch stehen manche Immobilien bereits seit Langem leer – teils in bester Lage. Erlaubt ist das nicht, doch das Problem ist vielschichtig.

Der Mieterverein Stuttgart rückt sogenannte Geisterhäuser in den Fokus. Gemeint sind keine Ruinen, in denen es spukt, sondern Gebäude, in denen eigentlich jemand wohnen könnte oder sollte. Denn bezahlbarer Wohnraum ist in Stuttgart knapp. Und trotzdem gibt es Häuser in der Stadt, die seit vielen Jahren ungenutzt sind – teils in bester Lage. So ist es auch bei insgesamt vier Objekten am Lauxweg, an der Dreizlerstraße und am Isegrimweg in Heumaden, welche der Mieterverein an diesem Samstag bei einer Fahrrad-Demo ansteuern möchte. Start ist um 11.30 Uhr auf dem Lauxweg. Der Vorsitzende Rolf Gaßmann spricht von „Orten der Schande“. Man wolle diese und deren offensichtlich verantwortungslosen Eigentümer anprangern.

Die Stadt Stuttgart hat solchen Geisterhäusern den Kampf angesagt und Anfang 2016 ein Zweckentfremdungsverbot auf den Weg gebracht. Demnach dürfen Wohnungen nicht abgerissen, gewerblich verwendet, dauerhaft an Urlauber vermietet oder länger als sechs Monate lang leer gelassen werden. Grundlage der Satzung ist ein im Jahr 2013 verabschiedetes Landesgesetz. Die Krux: Dieses kann nicht rückwirkend angewendet werden. Das heißt, gegen Häuser, die bereits vor 2013 leer standen, können Kommunen in Baden-Württemberg nicht vorgehen. Die Stuttgarter Satzung ist gar so gestaltet, dass auch die Jahre zwischen 2013 und 2016 nicht abgedeckt sind.

Eine weitergehende Rückwirkung sei schwierig, so das Ministerium

Der Mieterverein kritisiert das. Die Landesregierung weigere sich, die gesetzliche Grundlage für städtische Satzungen zu verbessern und den Städten die Beendigung von Wohnungsleerstand zu ermöglichen, der bereits vor dem Beschluss des Landesgesetzes bestand, heißt es in der Pressemitteilung.

Ein Sprecher des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen erklärt dazu: Die mögliche Rückwirkung bis 2013 sei seinerzeit im Gesetzgebungsverfahren beraten und von den beteiligten Verbänden begrüßt worden. „Von einer weitergehenden Rückwirkung wurde nach eingehender Prüfung durch das seinerzeitige Justizministerium aus verfassungsrechtlichen Gründen Abstand genommen.“ Seit Mitte April sei man wieder „im engen Austausch mit den Kommunen und Verbänden, ob und inwieweit für eine weitergehende Rückwirkung Bedarf gesehen und wie das rechtliche Risiko einer derartigen Gesetzesänderung eingeschätzt wird“.

Stadt hat kein Personal, um das Zweckentfremdungsverbot durchzusetzen

Das viel größere Problem scheint jedoch ohnehin ein anderes zu sein. Darum verbindet der Mieterverein seine Aktion auch mit einem Appell an die Stadt Stuttgart, dem mit der Beendigung von Leerstand beauftragten Amt ausreichend Personal zur Verfügung zu stellen. Die Stadt Stuttgart schreibt auf ihrer Internetseite: „Die Verwaltung prüft, ob eine Wohnung leer steht und was die Gründe dafür sind. Bei einer Ferienwohnung überprüft sie, ob diese baurechtlich genehmigt oder die Nutzung als Ferienwohnung entsprechend angezeigt worden ist. Ebenso werden die Mitarbeiter Hinweisen auf Leerstände nachgehen.“ Zudem gelte in Stuttgart eine Registrierungs- und Anzeigepflicht für Ferienwohnungen. Dadurch könne einfacher überprüft werden, ob für eine bestimmte Wohnung anhand der Gesamtdauer der Kurzzeitvermietungen die Schwelle zur Zweckentfremdung überschritten ist. In Stuttgart sind pro Kalenderjahr insgesamt zehn Wochen Kurzzeitvermietung pro Objekt erlaubt.

Der Mieterverein sah sich auf dem Internetportal von Airbnb um: Eine Suche am 4. Juli habe 434 Treffer ergeben. Die erforderliche Registrierungsnummer sei bei kaum einen Angebot dabei gewesen. „Offensichtlich wird die vom Gemeinderat beschlossene Registrierung von Ferienwohnungen und Monteurswohnungen weder kontrolliert noch gar sanktioniert. Dabei könnte die Stadt mit diesem Instrument schnell und günstig schon bestehenden Wohnraum mobilisieren“, so das Fazit des Mietervereins.

Die Pressestelle der Stadt Stuttgart erklärt schriftlich: „Das Baurechtsamt ist hier zuständig. Dort herrscht momentan allerdings großer Fachkräftemangel, es sind viele Stellen unbesetzt.“ Auch die Verwaltung habe bereits festgestellt, dass bei verschiedenen Angeboten die Registrierungsnummern fehlen. Das betreffe nicht nur die Plattform von Airbnb. Wenn die Registrierungsnummer nicht angegeben sei, könne die Stadt ein Bußgeld erheben.

„Wir kontrollieren im Rahmen unserer personellen Möglichkeiten und nehmen die Verfolgung wahr“, betont die Pressestelle der Stadt, ergänzt aber auch: Die Plattformbetreiber seien bei Nachfragen seitens der Stadt oft nicht sehr kooperativ, und aus der Internetanzeige selbst könnten keine Schlüsse auf den Anbieter gezogen werden. „Dies führt zu großem Aufwand für uns.“