Nicht sehr attraktiv: der Esslinger Marktplatz Foto: /Ines Rudel

Der Marktplatz von Esslingen gilt als Schandfleck. Er sieht eher aus wie ein Parkplatz und nicht wie die historische Mitte, findet unser Autor Johannes M. Fischer.

Es ist ein bisschen wie mit der hässlichen Dreckecke im Garten, die man schon immer mal aufräumen wollte. Aber mal ist das Wetter zu schön, um zu arbeiten, ein anderes Mal regnet es so heftig, sodass das Werk noch eine Weile liegen bleibt. Auf diese Weise vergehen Jahre. Das ist die Geschichte des Esslinger Marktplatzes. Mit einem Unterschied zur Dreckecke im Garten: Der Marktplatz ist der zentrale Ort in Esslingen, umrahmt von einer einmaligen historischen Kulisse. Von der Lage her sollte er ein Schmuckstück sein, die Visitenkarte der Stadt, wie es Andreas Koch von der SPD ausdrückt. Aber irgendwie hat sich alle Welt an den Mangel gewöhnt. Man müsste hier schon mal was Grundlegendes machen, heißt es immer mal wieder. Doch zwischen „müsste man mal“ und wirklichem Tun klafft ein großes Loch.

Wie einfach es ist, auch mit kleinen Schritten schon für eine Veränderung zu sorgen, zeigen die angelegten Baumbeete, denen jetzt weitere folgen werden. Das sind schöne Sitzgelegenheiten, Orte der Kommunikation und des sozialen Zusammenseins. Auch an heißen Tagen, denn die Baumkrone spendet Schatten. Mit noch weniger Aufwand könnte man einen weiteren großen Schritt gehen. Zurzeit wird der Marktplatz umzingelt von einer Wagenburg aus Blech. Kommt das weg, gewinnt der Platz augenblicklich ein ganz anderes Ambiente.

Der Marktplatz gehört den Bürgern, nicht den Autos

Doch das Rathaus tut sich schwer, die Parkplätze zu entfernen. Man möchte Rücksicht nehmen auf Bewohner, die hier in bester Lage residieren und sich beim Wegfall der Plätze nach einer privaten Parkgelegenheit umschauen müssten – so wie es viele andere Autofahrer auch tun. Noch wiegen die Interessen weniger Autofahrer in bester Wohnlage mehr als die der Stadtgesellschaft. Warum, ist nicht ganz klar, denn die Frage, wem der Marktplatz gehört, ist nicht all zu schwer zu beantworten. Er gehört den Bürgern.

Der Wegfall von fünf Parkplätzen war eine gute Tat, aber nicht mehr als eine Placebo-Maßnahme. Nach wie vor dominiert das Blech. Auch wenn die Stadt das vermutlich gar nicht will, sendet sie damit ein klares Signal: Individualinteressen und Autos sind beim Marktplatz wichtiger als Gemeinwohl, Ästhetik und Gastfreundschaft.