Vor dem Start zum großen Abenteuer: Sandro Lang will mit seinem Partner Michael Henn bis in die Mongolei fahren – für einen guten Zweck. Foto: Michele Danze

Dieser Weg wird kein leichter sein. Sondern steinig und schwer. Und vor allen Dingen staubig. Am Samstag starten in London die beiden Stuttgarter Sandro Lang und Michael Henn zu einer extra langen Urlaubsfahrt. Über 16 000 Kilometer führt sie in die Mongolei. Der größte Teil werden Schotterpisten sein.

Stuttgart - Schon vor dem Start der 7. Mongolei-Wohltätigkeitsrallye liefern sich die 60 Teams ein hartes Rennen um den originellsten Mannschaftsnamen. Beispiele sind „Blood, Sweat and Gears“, „Madness in Mongolia“ und „Yes, We Khan!“.

Ob da für das Rallye-Team aus Stuttgart eine Steigerung möglich war? Der Mannschaft, bestehend aus dem Filmemacher Sandro Lang und Michael Henn, der in Böblingen geboren wurde, an der Uni Hohenheim Wirtschaftswissenschaften studiert hat und seit über zwei Jahren in London im Bereich erneuerbare Energie arbeitet, kam bei der Suche nach einem einprägsamen Namen ein Zufall zu Hilfe. „Mein Englischlehrer erzählte mir von der Goldenen Horde“, erinnert sich Henn. Die mongolischen Reiternomaden dieser Horde, die im 13. Jahrhundert ganz Asien und halb Europa eroberten und als unbesiegbar galten, inspirierten ihn zum Teamnamen „The Swabian Horde“. Doch die wilde Horde aus Schwaben will die Mongolei nicht erobern, „wir wollen nur Gutes tun“, sagt Henn.

Neben Ulan Bator, der Hauptstadt der Mongolei, ist Wohltätigkeit das eigentliche Ziel der Rallye. Das Startgeld und der Verkaufserlös der Teamfahrzeuge, die am Ziel versteigert werden, fließt an Hilfsorganisationen wie den dortigen Rettungsdienst.

„Ich war sofort Feuer und Flamme“

Die Idee zur Teilnahme an der Rallye kam Henn im vergangenen September, sie hatte aber einen langen Vorlauf. Bei einer Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Peking hatte er 2006 die Mongolei durchquert und war beeindruckt. Den Ausschlag gab viel später dann eine Zufallsbegegnung in einem Straßencafé in Tokio. Ein Deutschtürke erzählte dort von seiner Rallye-Erfahrung. „Das hörte sich gut an“, sagte Henn, „das wollte ich auch machen.“

Ein Mitfahrer war schnell gefunden. „Ich war sofort Feuer und Flamme“, sagt Sandro Lang. „Die Sache klang so spannend, da musste ich nicht lang überlegen.“

Vor dem Duo liegt jetzt eine lange Fahrt, deren Route frei wählbar ist. 10 000 Meilen oder 16 000 Kilometer quer durch die Türkei, den Iran, Turkmenistan, Usbekistan, Kirgisistan, Kasachstan und Russland bis in die Mongolei. Mitte August soll das Ziel erreicht sein. Bis dahin sollen nicht nur das Auto und die Gesundheit durchhalten, sondern auch der Teamgeist. Weil die Fahrer, beide Mitte 30, schon öfter mal gemeinsam Urlaub gemacht haben, ist Sandro Lang unbesorgt: „Wir können miteinander auch schweigen.“ Bei Tagesetappen von bis zu zwölf Stunden auf staubigen Schotterpisten ist das eine wichtige Voraussetzung.

„Bis Istanbul wird es eine Kaffeefahrt“, glaubt Henn. Doch dann wird es spannend. Es beginnen Unwägbarkeiten, es beginnt der Punk. Damit hat der Deutschitaliener Sandro Lang Erfahrung. Der Absolvent der Filmakademie Ludwigsburg hat 2009 der Punk-Band Normahl aus Leutenbach und Winnenden zum 30-jährigen Bestehen ein Denkmal mit dem Dokumentarfilm „Jong’r“ gesetzt, für das er das Drehbuch geschrieben und Regie geführt hat.

Keiner weiß, ob das Auto durchhält

Vor dem Start an diesem Samstag im Woburn Safari Park bei London gibt es für „The Swabian Horde“ noch etliche große Fragezeichen. Wird den Rallyefahrern in Istanbul das längst beantragte und wegen der Präsidentenwahl im Iran immer wieder verzögerte Einreisevisum erteilt? Wie lange werden die Wartezeiten an den Grenzen sein. „Wer in der Iran fährt, muss im Durchschnitt mit 17 Stunden Aufenthalt an der Grenze rechnen“, sagt Henn. Oder sogar noch länger. Um es mit einem LP-Titel von Normahl zu sagen, warten auf die Fahrer „Harte Nächte“.

Niemand weiß, ob das Auto durchhalten wird. Mit Bedacht hat das Duo deshalb als Rallyefahrzeug einen Dacia Logan, Baujahr 2008, mit robustem Motor und möglichst wenig Elektronik gewählt. „Er hat nicht einmal elektrische Fensterheber“, sagt Lang. Der Fahrtwind muss als Klimaanlage dienen. „Wir setzen auf einen Benziner“, sagt Lang, „denn in vielen Ländern, die wir passieren, gibt es nur verunreinigen Diesel.“

Bei der Suche nach Unterkünften setzen die Fahrer aufs Internet und das auch im Iran inzwischen beliebte Gastfreundschaftsnetzwerk Couchsurfing. „Ein Volk steht hinter uns“, würde Normahl singen. Henn sagt es lieber so: „Couchsurfing ist eine gute Methode, Land und Leute besser kennenzulernen.“ Eine kleine Sorge aber bleibt dennoch. Vom 9. Juli bis 8. August feiern die Moslems den Fastenmonat Ramadan. Ob da die Punks von Normahl Trost spenden können mit ihrer LP „Kein Bier vor vier“?

Insgesamt ist die siebenwöchige Mongoleirallye den beiden Fahrern etwa 15 000 Euro wert. Das sei gut angelegt für „Abenteuer und Gutes tun“, sagt Henn. Bevor es mit der Transsib zurück nach Moskau geht, steht noch ein wichtiger Besuch in Ulan Bator im Terminkalender: Mit einer mobilen Bibliothek wollen sie in die Steppe mitfahren, die den Nomaden Lesestoff liefert.

„Es wird schon alles gutgehen“, hoffen Lang und Henn gemeinsam vor dem Start. Im Fall einer größeren Autopanne rechnet „The Swabian Horde“ insgeheim mit der Hilfestellung der Nachfolger der Goldenen Horde. „Wir hoffen darauf, dass uns ein Traktor abschleppt – oder ein Reiter.“

„The Swabian Horde“ und ihre Rallye kann auf einem Internet-Blog mitverfolgt werden:

http://theswabianhorde.tumblr.com