Die deutschen Fußball-Nationalspieler leben bei der WM in Wohngemeinschaften. Das soll den Teamgeist fördern. Es gibt aber auch strenge Regeln.
Die deutschen Fußball-Nationalspieler leben bei der WM in Wohngemeinschaften. Das soll den Teamgeist fördern. Es gibt aber auch strenge Regeln.
Santo André - Das hätte sich Per Mertesacker vermutlich auch nicht träumen lassen – dass er mal in einem Atemzug mit Sepp Herberger genannt wird. Der „Chef“ war ja bekannt für sein ausgeprägtes Gespür für menschliche Schwingungen. Deshalb legte er bei der WM 1954 seinen Kapitän Fritz Walter mit Helmut Rahn auf ein Zimmer. Der Angreifer galt als nicht gerade pflegeleicht, doch der Geist von Spiez wirkte Wunder. Rahn sicherte mit einem Doppelpack im Endspiel gegen Ungarn den Titelgewinn.
Bei Per Mertesacker klingt das vor der WM 2014 ganz ähnlich. „Auch bei uns gibt es ein paar Pappenheimer, um die man sich kümmern muss“, sagt der Innenverteidiger. Also kümmert er sich im WM-Quartier Campo Bahia persönlich um den einen oder anderen Pflegefall – qua Amt: Mertesacker (29), Mitglied des Mannschaftsrates, ist einer von vier „Hausmeistern“ der Wohngemeinschaften der Spieler. Die anderen sind Kapitän Philipp Lahm, Vize Bastian Schweinsteiger sowie Miroslav Klose.
Sie haben die Einteilung für die vier WGs übernommen, in denen jeweils sechs Nationalspieler in einem Haus zusammenwohnen. Jeder hat sein eigenes Zimmer und sein eigenes Bad, dazu gibt es einen Gemeinschaftsraum mit Kühlschrank und Kochnische. Anders als im Hotel begegnen sich die Spieler ständig. „Das fördert die Kommunikation ungemein“, sagt Teammanager Oliver Bierhoff, „in Hotels sind wir teilweise auf verschiedenen Etagen untergebracht. Da muss man sich verabreden, jetzt trifft man sich einfach so im Wohnzimmer.“
Alles ist dem Teambuilding untergeordnet. „Wir hatten die Idee, dass man sich in einem kleinen Camp ständig über den Weg läuft, dass Nähe zueinander besteht, dass es keine langen Wege gibt“, sagt Bundestrainer Joachim Löw über das DFB-Konzept „Schöner wohnen“.
Wer mit wem zusammenwohnt, ist geheime Kommandosache. „Wenn wir im Hotel sind, verraten wir das ja auch nicht“, sagt Bierhoff. Per Mertesacker sagt nur: „Es sind immer die Gleichen, mit denen ich mal zusammengespielt habe.“ Mesut Özil dürfte sich mit Lukas Podolski, seinem Kumpel vom FC Arsenal, zusammengetan haben.
Manager Bierhoff, so viel ist bekannt, wohnt mit den drei Trainern in einem Haus. Also mit Joachim Löw, Assistenztrainer Hansi Flick und Torwarttrainer Andreas Köpke. „Wenn Hansi zu laut Musik hört, klopfe ich einfach an seine Tür“, sagt Bierhoff und hebt den praktischen Nutzen der WGs in dem neu eröffneten Luxusresort hervor: „Beim einen funktioniert die Steckdose nicht, beim anderen kommt kein Wasser, oder es fehlt etwas. Aber wir helfen uns gegenseitig und finden uns alle zurecht.“
So flexibel das ist – für die Spieler gibt es im Quartier aber auch feste Regeln. Twitter und Facebook sind zwar erlaubt, Einträge über die Aufstellung, Verletzungen oder die Taktik jedoch streng verboten. Kolumnen oder Tagebücher für Zeitungen oder im Internet sind ebenfalls nicht erlaubt. Jeder Spieler musste sein Privathandy abgeben und bekam ein DFB-Telefon mit geheimer Nummer. Löw und Bierhoff legen fest, in welcher Kleidung die Spieler zu welchem Termin erscheinen. Und in den Minibars gibt es nur geringe Mengen Bier und Wein, keinen härteren Alkohol.
Bierhoff spricht schon nach zwei Tagen von einer „Bombenstimmung“, er sagt: „Da ist eine positive Energie zu spüren.“ Bei André Schürrle wirkt sie schon: „Ich glaube, die Idee ist gut, um etwas Großes zu erreichen.“ Zu besichtigen ist das von Montag an: Dann ist WM-Start gegen Portugal.