Seit dem Jahr 1990 verwaltet das Hohenheimer Wirtschaftsarchiv den papierenen Nachlass des Nudelherstellers Birkel. Foto: Wirtschaftsarchiv

Das Wirtschaftsarchiv erzählt Firmengeschichten. Heute: die Nudelfabrik Birkel aus Endersbach.

Plieningen - Junggesellen mögen Hühnchen-Eierspätzle. So steht es in einem alten Rezept. Es empfiehlt dazu Speck, Öl, Zwiebeln und eine Büchse Erbsen. Das Leibgericht Nummer sechs hat den Namen „Birkel-Nudeln auf Junggesellenart“. In einem anderen Kochbüchlein bewirbt die Pasta-Firma aus Endersbach die Zöpfli-Nudeln. „Schon beim Anblick läuft einem das Wasser im Munde zusammen. Viele bekommen einen ganz neuen Nudel-Appetit“, ist dort zu lesen.

All die Rezepte und Reklame von Birkel lagern im Wirtschaftsarchiv Hohenheim. Die Archivare verwalten seit 1990 den papierenen Nachlass des schwäbischen Nudelherstellers. Und in einem Jahrhundert kommt einiges zusammen. Das Material erzählt Geschichten aus einer Zeit, als Birkel noch den Birkels gehörte und nicht, wie seit 1989, zum Danone-Konzern.

„Es ist viel Werbung da und Verpackungen“, sagt Jutta Hanitsch vom Wirtschaftsarchiv. Aber auch viel Geschriebenes über den Gründervater Balthasar Stefan Birkel. Er hatte damals klein angefangen. „Er war ein Nobody“, sagt Hanitsch. Zunächst verdingte sich Birkel als Obermüller bei der Hahnenmühle. 1874 hat er in Schorndorf eine Mehl- und Produkthandlung eröffnet, drei Jahre später begann er dort mit dem Nudelmachen.

Maschine statt Hand

„Es ist überliefert, dass Birkel seiner Frau beim Spätzle-Machen zugeschaut hat“, sagt Hanitsch. Und da habe er sich gedacht: „Das könnte man doch auch maschinell machen.“ Gesagt, getan. Im Jahr 1896 ging es los – und über vier Generationen vor allem nach oben. 1909 ist der Nudelfabrikant nach Endersbach ins Remstal gezogen, um sich dort zu vergrößern. In den Jahren danach verschlang Birkel etliche kleinere Konkurrenten. Darunter Hantschel und Haas in Villingen und die Buxtehuder Teigwarenfabrik.

Anfang der 1980er Jahre kam die Flaute. Die Geschäfte liefen nicht mehr so rosig, der Druck durch ausländische Firmen wuchs. Der Flüssigei-Skandal 1985 gab Birkel den Rest. Das Regierungspräsidium Stuttgart hatte damals vor dem Verzehr von Birkel-Nudeln gewarnt. Sie seien vermutlich mikrobiell verseucht, hieß es. Es folgte ein Rechtsstreit, an dessen Ende der Endersbacher Unternehmer rehabilitiert worden ist. Was nichts daran geändert hat, dass sein Ruf dennoch dahin war. Klaus Birkel, der Letzte aus der Gründerfamilie, hat die Firma 1989 an Danone verkauft.

Wenn sich Jutta Hanitsch durch die Birkelsche Firmenhistorie blättert, erstaunt sie vor allem eines. „Anhand von Essgewohnheiten kann man eine geschichtliche Entwicklung darstellen“, sagt sie. „Man kann eine gewisse Mode entdecken.“ So lacht sie, wenn sie die Werbefotos von damals sieht. Die Nudelteller sind teils höchst unvorteilhaft fotografiert, Appetitanregen geht heute anders.

Nudeln waren teuer

Wie auch immer, fest steht, die Nudel war damals eine Erlösung für die Hausfrau. Bis in die 1970er Jahre waren Nudeln teurer als die Alternative: Kartoffeln oder selbstgeschabte Spätzle. Als die Hörnle und Röhren erschwinglich wurden, kam das schnelle Nudelgericht immer häufiger auf den Esstisch.

Wenn Junggesellen Gäste erwarten, können sie natürlich auch Spaghetti-Omelette für vier Personen kochen. Dazu brauchen sie Nudelreste, Eierkuchenteig, Fett und Käse. Sieben Rezeptzeilen später ist alles getan und der Besuch kann kommen.