Containerschiffe in Hamburg am Waltershofer Hafen am Container Terminal Burchardkai Foto: dpa/Christian Charisius

Die deutsche Wirtschaftsleistung ist im vierten Quartal stärker gesunken als zuvor geschätzt wurde. Dies teilte das Statistische Bundesamt am Freitag mit.

Deutschlands Wirtschaftsleistung ist zum Ende des vergangenen Jahres stärker geschrumpft als zunächst berechnet. Das Bruttoinlandsprodukt ging im Vergleich zum dritten Quartal um 0,4 Prozent zurück, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag mitteilte. In seiner ersten vorläufigen Berechnung von Ende Januar war das Amt noch von minus 0,2 Prozent ausgegangen.

Die hohe Inflation belastete im Schlussquartal 2022 vor allem den Privatkonsum, der nach dem Ende der Corona-Beschränkungen die Konjunktur im Laufe des vergangenen Jahres zunächst gestützt hatte. Die Bauinvestitionen nahmen wie schon in den beiden vorangegangenen Quartalen preis-, saison- und kalenderbereinigt ab. Die Investitionen der Unternehmen in Ausrüstungen wie Maschinen, Geräte und Fahrzeuge sanken ebenfalls.

Deutschland droht eine Winterrezession

Nach Einschätzung von Volkswirten dürfte das Bruttoinlandsprodukt auch im ersten Vierteljahr des laufenden Jahres schrumpfen. „Die Wirtschaftsleistung dürfte im ersten Quartal 2023 abermals geringer als im Vorquartal ausfallen“, schrieb die Deutsche Bundesbank in ihrem aktuellen Monatsbericht. Damit wäre Deutschland in eine Winterrezession gerutscht: Sinkt das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale in Folge, sprechen Ökonomen von einer technischen Rezession.

Weil der Staat Privathaushalte und Unternehmen mit Milliardensummen bei den kräftig gestiegenen Energiekosten entlastet, erwarten manche Ökonomen inzwischen ein leichtes Wirtschaftswachstum im Gesamtjahr. Zuletzt hob auch die Bundesregierung ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr an. Sie rechnet mit einem Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent statt mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts.

Mehr als 100 Milliarden Euro Defizit

Der deutsche Staat gab auch 2022 mehr Geld aus als er einnahm. Vor allem die Milliardenhilfen in der Energiekrise belasteten den Staatshaushalt. Betroffen war vor allem der Bundeshaushalt. Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen verzeichneten jeweils Finanzierungsüberschüsse. Insgesamt summierte sich das Minus auf 101,3 Milliarden Euro. Das Defizit verringerte sich damit im Vorjahresvergleich um 32,9 Milliarden Euro.

Bezogen auf die gesamte Wirtschaftsleistung lag das Defizit von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen bei 2,6 Prozent. Die Wiesbadener Behörde bestätigte damit eine erste Schätzung.

Trotz des Defizits hielt Deutschland nach zwei Ausreißern in den Corona-Jahren 2020 und 2021 wieder die europäische Verschuldungsregel ein. Der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt erlaubt den EU-Staaten ein Haushaltsdefizit von höchstens drei Prozent und eine Gesamtverschuldung von höchstens 60 Prozent des nominalen BIP. Zurzeit sind diese Regeln aufgrund der Belastungen durch die Corona-Pandemie bis 2024 ausgesetzt. In der Europäischen Union (EU) wird über eine Reform der Regeln beraten.