"Wir haben einen Deal": Felix Klare als ehemaliges Missbrauchsopfer Frank Lechner. Foto: ZDF / Gabi Faber / Rat Pack Filmproduktion GmbH

Felix Klare spielt in "Wir haben einen Deal" ein ehemaliges Missbrauchsopfer, das wieder auf seinen Peiniger trifft. Im Interview erzählt der Schauspieler unter anderem von der herausfordernden Drehvorbereitung und den berührenden Reaktionen nach der Premiere.

Der TV-Film "Wir haben einen Deal" (23.10., 20:15 Uhr, ZDF) erzählt davon, wie nachhaltig eine Missbrauchserfahrung prägen kann. Nachdem Frank Lechner (Felix Klare) wieder auf seinen ehemaligen Fußballtrainer Klaus Wille (Peter Lohmeyer) trifft, der ihn als Kind missbraucht hat, stürzt er in eine Lebenskrise. Als er feststellt, dass ein weiteres Kind in Gefahr ist, ringt er sich zu einer Anzeige durch ...

"Sorgfältige, sensible und genaue" Vorbereitung

Die Vorbereitung auf diese Rolle nahm Schauspieler Felix Klare (45, Stuttgarter "Tatort"-Kommissar) sehr ernst. "In der Vorbereitungszeit für diese Rolle wurde mir von Tag zu Tag klarer, dass ich diesmal ganz besonders sorgsam, sensibel und genau vorgehen musste. Ich spürte, welche Verantwortung ich mit der Darstellung eines durch sexuelle Übergriffe schwerst traumatisierten Menschen übernommen hatte", schreibt er laut Sender in einem Statement. "Dies wollte und musste ich so gut wie irgend möglich hinbekommen, um den wirklich Leidtragenden auch nur ansatzweise gerecht zu werden", fügt er hinzu.

Bei der Recherche zu dem Missbrauchsdrama sei ihm schnell bewusstgeworden, dass es zwei folgenschwere Hauptthemen für die Betroffenen gebe: "Schuld und Scham. Zwei grundsätzlich sehr unangenehme Gefühle, die jeder von uns kennt, und denen man gerne aus dem Weg geht, anstatt sich ihnen zu stellen."

Wie ermutige ich mein Kind, auf sein Gefühl zu hören?

"Ich würde mir wünschen, dass dieser Film Menschen bewegt. Dass er Bewegung in das Thema an sich bringt, dass er die Betroffenen ermutigt, aus ihrer fremdverursachten Starre auszubrechen und er somit denen eine Stimme gibt, die, wie leider so oft, die Hauptleidtragenden sind - die Kinder", so Felix Klare.

Ein wichtiges Thema dabei ist die Frage, wie man Kinder von klein auf dazu ermutigen kann, sich den Eltern anzuvertrauen. "Den besten Bezug, meiner Erfahrung nach, bekommt man zu seinen Kindern, wenn man auch zu sich selbst einen guten Bezug hat", erklärt der vierfache Familienvater der Nachrichtenagentur spot on news dazu. "Neben Liebe und Zuneigung ist sicherlich Aufrichtigkeit das Wichtigste - zu sich und auch zu seinen Kindern." Denn: "Ein Kind spürt viel unmittelbarer, wenn eine Situation komisch ist, oder es beispielsweise seiner Bezugsperson nicht gut geht. Dies hat es ja neun Monate im Leib der Mutter eins zu eins erlebt - besser gesagt erfühlt. Wenn es dies später sogar ansprechen kann, nachfragt, und die Eltern dann rückspiegeln 'nein, nein, alles gut', weil sie meinen, es ginge das Kind nichts an, oder es wäre noch zu klein, signalisieren sie ihm, dein Gefühl ist falsch." Das könne weitreichende Folgen haben. "Wenn man es schafft, seinem Kind in altersgerechter Sprache möglichst ehrlich zu begegnen, schafft das Vertrauen", fasst er zusammen.

Dabei komme es auf das Wie an. "Wir erklären viel zu oft und vor allem viel zu früh über die geistige Ebene. Gerade im Kleinkindalter, fast bis zur Pubertät, wird man mit Geschichten, in die sie eintauchen können, oder dem simplen Vorleben viel nachhaltigeren Erfolg haben", sagt Klare.

Reaktionen bei den Filmvorführungen

Der Film lief schon beim Filmfest München und beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen. Wie war das Feedback? "An dem bisherigen Feedback habe ich gemerkt, wie tief und weit verbreitet das Thema des sexuellen Missbrauchs - immer noch - ist. Das war und ist erschreckend. Ein Armutszeugnis unserer Zivilisation und Folge unseres Wertesystems und ja, auch des Patriarchats", fasst Klare zusammen. Viele Menschen seien innerlich sehr aufgewühlt auf ihn zugekommen und er sei mit ihnen in gewissem Rahmen in ihre persönliche Geschichte mit eingetaucht", erinnert er sich im Gespräch mit spot on news. "Es gibt viel zu tun, glauben Sie mir", lautet sein Fazit.

In einem größeren Zusammenhang denkt er dabei allerdings auch an potenzielle Täter. "Und bei aller Moral würde ich mir abschließend außerdem wünschen, dass der Film dazu anregt, auch intensiver über die Täter, beziehungsweise die, die es durch Neigungen werden könnten, aber nicht werden wollen, nachzudenken. Hier sollte, nein, muss, unterschieden und in unser aller Interesse - und insbesondere dem unserer Kinder - über weitreichendere und stärkere Aufklärung und Prävention durch Beratungs- und Anlaufstellen gesprochen werden", fordert er in seinem Statement.

Wie er selbst nach so aufwühlenden Dreharbeiten wieder abschalten kann? "Natur, Alltag, Haushalt - schlicht, sich wieder an der Realität beteiligen, kann da recht schnell helfen", erklärt er spot on news und fügt nachdenklich hinzu: "Manchmal darf man dem Gefühl der Figur auch noch etwas nachspüren, vielleicht erfährt man von ihr noch etwas, wenn man sie noch ein bisschen länger mitnimmt ..."