Während Anwohner für schneefreie Gehwege sorgen müssen, ist der städtische Winterdienst auf Nebenstraßen nur selten unterwegs. Foto: Michael Steinert/Achim Zweygarth

Sind die Bürgersteige rutschig, drohen Bußgelder von der Stadt und Schadenersatz. Kommen Anlieger ihrer Verpflichtung längere Zeit nicht nach, kann das Bußgeld von 30 Euro auch auf 300 Euro ansteigen.

Innenstadt - Selbst wenn im Winter jemand mit hohen Absätzen auf dem schneebedeckten Gehweg vor dem eigenen Grundstück stürzt, sind die Anlieger haftbar. „Wenn jemand zu Schaden kommt, weil die Bürgersteige nicht geräumt sind, dann ist das mindestens fahrlässige Körperverletzung, also eine Straftat“, sagt Gerhard Schoch, verantwortlich für die straßenrechtliche Sondernutzung im Amt für öffentliche Ordnung des Rathauses.

Immer wieder erlässt der städtische Vollzugsdienst Bußgelder für mangelnden Winterdienst. „In der Regel belaufen diese sich zunächst auf 30 Euro“, sagt Schoch. Kommen die Anlieger ihrer Verpflichtung längere Zeit nicht nach, kann das Bußgeld auch auf 300 Euro ansteigen. „Erst wenn es an den Geldbeutel geht, reagieren die Leute“, sagt Schoch. Für den Rathausmitarbeiter ist es unverständlich, dass manche Menschen überhaupt das Risiko eingehen, dass jemand anders zu Schaden kommt, weil sie keine Lust haben, den Bürgersteig zu räumen.

Nicht alle Straßen in Stuttgart können geräumt werden

Sobald die Temperaturen unter den Gefrierpunkt fallen, sollten Anwohner spätestens um 6.30 Uhr einen Blick aus dem Fenster werfen. Haben sie nämlich keine Firma mit dem Winterdienst beauftragt, müssen sie selbst dafür Sorge tragen, dass die Gehwege werktags bis 7 Uhr geräumt sind. Ausnahmen davon gibt es nicht. Ein 1,50 Meter breiter Streifen auf dem Gehweg ist vorgeschrieben. Der ist selbst dann erforderlich, wenn die Straße keine Bürgersteige hat und nicht vom städtischen Winterdienst geräumt wird. Gibt es allerdings nur auf einer Seite der Straße ein Trottoir, haben die Anlieger auf der anderen Seite Glück und sind vom Winterdienst befreit.

Fußgänger sollten also damit rechnen können, sich auch bei Schnee und Eis sicher in der Stadt bewegen zu können. Autofahrer dagegen müssen einkalkulieren, dass nicht alle Straßen in Stuttgart geräumt werden können. Selbst in den fünf Innenstadtbezirken gibt es Straßen, die für den Räumdienst keine Priorität haben, sie also auch nicht dort hinfahren. Während die Hauptverkehrsstraßen sowie die Zufahrten zu den Notaufnahmen der Krankenhäuser Vorrang vor allen anderen Routen haben, kann es sein, dass ebene Wohnstraßen mit einem Gefälle von unter fünf Prozent erst sehr spät – wenn überhaupt – geräumt werden. Das hängt davon ab, wie andauernd es schneit.

Streusalz darf nicht aus Bequemlichkeit verwendet werden

Für die Bürgersteige gibt es eine solche Priorisierung nicht. Das bedeutet, dass Anwohner den ganzen Tag über in der Pflicht sind. Bis 21 Uhr müssen sie dafür Sorge tragen, dass ihre Gehwege sauber geräumt sind. Natürlich muss niemand im starken Schneefall schippen, aber sobald es nicht mehr schneit, sind die Anlieger in der Pflicht. „Oft genug helfen Nachbarn einander, gerade wenn jemand älter oder berufstätig ist“, sagt Gerhard Schoch. Er rät allerdings allen Beteiligten dazu, solche Regelungen schriftlich festzuhalten. „Für denjenigen, der diesen Freundschaftsdienst übernimmt, ist es wichtig, dass er dadurch nicht haftbar wird“, erklärt der Fachmann.

Verboten bleibt, egal ob für Anlieger oder Winterdienstfirmen, der Einsatz von Streusalz. Einzige Ausnahme von dieser Regel sind hartnäckig vereiste Stellen, die ansonsten zur Gefahr werden. „Aus Bequemlichkeit aber darf Streusalz nicht verwendet werden“, warnt Schoch. Streusalz birgt nämlich die Gefahr, dass der Boden übermäßig belastet wird, was negative Folgen für die Bäume in der Stadt hat. Dem städtischen Winterdienst ist der Einsatz von Streusalz auf den Straßen erlaubt. Trotz einer Lagerkapazität von 5000 Tonnen werden die Lager täglich nach Bedarf neu aufgefüllt, um zu verhindern, dass das Salz unvorhergesehen ausgeht.