Trainer Pep Guardiola breitet die Arme aus – der Abstand zwischen dem FC Bayern München und der Konkurrenz ist riesig. Foto: Getty Images Europe

In diesem Jahr ist für den FC Bayern München nichts unmöglich – nun schafft es der Rekordmeister sogar, seinen Vorsprung in der Liga auszubauen, ohne selbst zu spielen.

Marrakesch - Karl-Heinz Rummenigge stand inmitten seiner Weltmeister und schwärmte vom erfolgreichsten Jahr der Vereinsgeschichte, als seine Stimme brüchig wurde. Um die sportliche Zukunft des FC Bayern sei ihm nicht bange, sagte der Vorstandsvorsitzende in seiner Bankettrede im noblen „Ballroom“ des Hotels Four Seasons, deshalb habe er zwei Tage vor Weihnachten „nur einen Wunsch: Dass diese Geschichte mit Uli Hoeneß gut ausgeht“. Diese Geschichte, der nahende Steuerprozess gegen den Präsidenten, lastete auch nach dem Triumph bei der Club-WM in der Nacht von Marrakesch auf der Bayern-Familie.

Doch es war Hoeneß selbst, der den Fokus wieder auf die fünf Pokale auf dem Podium lenkte, als er nach Rummenigge das Wort ergriff. Diese Mannschaft habe dem FC Bayern Ehre gemacht wie keine zuvor, sagte er: „Wir sind der beste Verein der Welt – und ich bin stolz, Präsident dieses Vereins zu sein. Danke!“ Dann presste er die Lippen aufeinander und rückte in den Hintergrund. Die rund 300 Gäste, darunter DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und Franz Beckenbauer, begleiteten seinen Weg mit tosendem Applaus.

Dann ging die Party ab, und das aus gutem Grund. Denn die Münchner gewannen am Samstag ja nicht nur die Club-WM durch das 2:0 im Finale gegen Raja Casablanca. Obendrein gab es auch noch die frohe Kunde, dass die Verfolger in der Bundesliga mal wieder Federn ließen. Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen verloren ihre Spiele, weshalb die Freude beim Rekordmeister groß war. Kapitän Philipp Lahm sprach von einem „absolut schönen Samstag“. Und für Sportvorstand Matthias Sammer war der Tag mit Blick auf die Patzer der Verfolger und den eigenen Triumph gar „perfekt“.

In der Breite den mit Abstand besten Kader

Lahm schwang zu „Cotton Eye Joe“ das Lasso, Stürmer Thomas Müller tanzte Samba und Trainer Pep Guardiola schaukelte Sohn Marius auf dem Schoß. Zu all dem ließen Bauchtänzerinnen ihre Hüften kreisen. Rummenigge, Hoeneß und Franz Beckenbauer ließen die dicken Siegeszigarren qualmen. „Die Nummer eins der Welt sind wir“ schallte es durch den Saal.

Und während die Bayern den Erfolg in vollen Zügen auskosteten, leckte die Konkurrenz daheim ihre Wunden – mal wieder. Denn die Dominanz der Münchner hat in diesem Jahr ja fast etwas Selbstverständliches bekommen. Dass das Team von Pep Guardiola aber nun schon den Vorsprung in der Liga ausbaut, ohne selbst zu spielen und wenig später quasi im Vorbeigehen den nächsten Titel einheimst, hat dann doch etwas Spezielles. Die Fußballfans können sich zumindest auf nationaler Ebene auf die geballte Langeweile gefasst machen. Erst kommt der FC Bayern, dann lange nichts – und irgendwann kämpfen Dortmund, Leverkusen und Gladbach um Platz zwei.

Die Münchner haben in der Breite den mit Abstand besten Kader, Verletzungen wie jene von Bastian Schweinsteiger fallen kaum ins Gewicht, weil dann der nächste hochklassige Profi ins Team rückt. Borussia Dortmund widerfährt in diesen Wochen das Gegenteil. Trainer Jürgen Klopp muss inmitten der Verletzungsmisere feststellen, dass mit alternden Aushilfsprofis wie Innenverteidiger Manuel Friedrich oder unerfahrenen Talenten wie Marian Sarr in der Liga kaum noch ein Spiel zu gewinnen ist.

Und Bayer Leverkusen spielt eben so, wie es im Zweifel immer spielt. Erst verheißungsvoll – doch dann, wenn es darauf ankommt, knickt die Werkelf ein.

Solche Sorgen kennen sie in München nicht – im Gegenteil: Der Rekordmeister ist auch nach dem fünften Titel in diesem Jahr (vor der Club-WM gewannen die Bayern die Meisterschaft, die Champions League, den DFB-Pokal und den europäischen Supercup) noch lange nicht satt.

Hunger auf Pokale scheint ungestillt

„Das kann man eigentlich nicht toppen“, sagte Rummenigge. Mit Guardiola aber, betonte er, sei es für die Bayern „noch ein Stück höher gegangen“. Warum also nicht noch einmal fünf Titel? Oder gar sechs, wenn auch noch der deutsche Supercup gewonnen wird? Der Hunger auf Pokale scheint ungestillt. „Wegen mir kann’s so weitergehen“, sagte Lahm. Und Sportvorstand Matthias Sammer ergänzte: „Es heißt immer, man könne nicht immer gewinnen. Warum nicht? Für uns muss Weltspitze Normalität werden.“ Mit solch banalen, weil mittlerweile fast schon selbstverständlichen Dingen wie der nationalen Meisterschaft hat sich Matthias Sammer in der Nacht von Marrakesch übrigens nicht mehr beschäftigt.