Foto: Kern

Eine Sindelfinger Bürgergruppe will verhindern, dass die Hauptschule am Klostergarten aufgegeben wird und die Schüler verteilt werden.

Sindelfingen - Mehr als zehn Prozent der wahlberechtigten Sindelfinger halten eine Entscheidung ihres Gemeinderats für falsch. Sie wollen jetzt verhindern, dass die Hauptschule am Klostergarten aufgegeben wird und die Schüler verteilt werden.

"Wir haben das Ziel erreicht", sagt Bernd Laurer. Der 67-Jährige ist Sprecher der Bürgergruppe, die seit Wochen den Widerstand organisiert. Es gab Demonstrationen, und es wurden Unterschriften gesammelt. 4900 sind laut Laurer zusammengekommen. Das reicht für das Bürgerbegehren, das zu einem Bürgerentscheid führt, der den Gemeinderatsbeschluss aufheben kann. An diesem Dienstagnachmittag bringen Laurer und Co. die Listen ins Rathaus.

In der 61.000-Einwohner-Stadt sind rund 42.000 Menschen wahlberechtigt. Es sind Deutsche oder EU-Bürger, die mindestens 18 Jahre alt sind und seit wenigstens drei Monaten in Sindelfingen leben. Zehn Prozent davon werden für ein Bürgerbegehren benötigt. Etwa 4200 mussten die Kämpfer für die Hauptschule also auf ihre Seite ziehen. Es sind 700 mehr geworden, und damit bleibt noch Luft, wenn bei der Prüfung der Unterschriften durch die Kommune einige durchs Raster fallen sollten. "Wir sind davon überzeugt, dass wir die zehn Prozent erreicht haben", erklärt Laurer. Denn er und seine Mitstreiter hätten diejenigen schon aussortiert, die erkennbar die Voraussetzungen nicht erfüllten.

Der Gemeinderat hatte Ende November 2009 bei nur einer Gegenstimme beschlossen, mit der Klostergartenschule eine von vier Hauptschulen zu schließen. Begründet wurde das mit sinkenden Schülerzahlen und den Werkrealschulen, die nach einem Beschluss der Landesregierung zweizügig sein müssen. Gut 1000 Hauptschüler hatte Sindelfingen noch im Schuljahr 2000/2001, heute sind es 737. Das seien zu wenig, um alle vier Einrichtungen zweizügig laufen zu lassen und in Werkrealschulen "beste Bildungsqualität zu bieten", so der Erste Bürgermeister Helmut Riegger damals. Und OB Bernd Vöhringer meinte: "Es ist ein wohlüberlegtes Konzept, auch wenn es von den Betroffenen kritisch gesehen wird."

Freilich spielt auch die Sindelfinger Finanznot bei dieser Entscheidung eine Rolle. Die Kommune spart durch den Verzicht auf eine Schule jährlich rund 400.000 Euro Unterhaltungskosten. Und sie erhofft sich Einnahmen in Höhe von etwa 5,5 Millionen Euro vom Verkauf des 2,2 Hektar großen Grundstücks in einem Wohngebiet, auf dem sich heute die Realschule Eschenried befindet. Diese Einrichtung soll abgerissen werden. Die Realschüler sollen in die Hauptschule im Stadtzentrum umziehen. Geplant ist das zum Schuljahr 2012/13.

Rentner Laurer, zur Berufszeiten EDV-Fachmann, hält es für falsch, die Hauptschule am Klostergarten (220 Schüler) aufzugeben. Er ist hier Pate von Acht- und Neuntklässlern und hilft ihnen auf dem Weg ins Berufsleben. Gerade Hauptschüler, die häufig auf sich allein gestellt seien und von den Eltern keine Unterstützung hätten, bräuchten gute Bedingungen. Bei nur noch drei Einrichtungen sei der Klassenteiler von heute 19 bis 24 Schüler nicht zu halten. "Das ist schlecht für die Hauptschüler."

Ob es zum Bürgerentscheid kommt, ist noch offen. "Vielleicht lenkt der Gemeinderat ja auch vorher ein", hofft Laurer.